Die Stabsstelle „Wissenschaft in der Stadt“ der Universität Siegen organisierte bundesweite Tagung in Berlin zur Verortung von Wissenschaft mit.
(wS/red) Siegen 29.06.2018 | Klimawandel, Migration, Digitalisierung – diese Themen werden global diskutiert und politisch verhandelt, konkrete Maßnahmen meist auf kommunaler Ebene umgesetzt: Verkehrsplanung, Wohnungsbau, Integrationskonzepte… Eine wichtige Basis für politische Entscheidungen sind wissenschaftliche Erkenntnisse und der gesellschaftliche Austausch darüber. Für einen solchen Austausch braucht es Plattformen mit anerkannter Expertise und der Vernetzung von Wissen und dem Vermögen, verschiedene gesellschaftliche Gruppen zusammenzubringen. Initiiert durch den Wettbewerb „Stadt der Wissenschaft“ haben einige Städte (Bremen, Braunschweig, Oldenburg) sogenannte Häuser der Wissenschaft errichtet. Die Mitglieder des 2016 in Lübeck gegründeten Strategiekreises „Wissenschaft in der Stadt“ (WISTA), dem auch die Stabsstelle „Wissenschaft in der Stadt“ der Universität Siegen unter Leitung von Katja Knoche angehört, setzen sich für die Verortung von Wissenschaft in der Stadt ein und haben die These aufgestellt, dass deren räumliche Etablierung genauso selbstverständlich werden sollte wie Theater, Musikschulen und Museen. Gemeinsam mit dem Stifterverband lud der Strategiekreis nun zur Tagung „Wissenschaft in der Stadt“ in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt ein. Rund 150 ReferentInnen und Gäste waren zugegen.
Durch das Programm geleitete Prof. Dr. Rainer Lisowski (Hochschule Bremen). Er bilanzierte, dass sich seit der Verabschiedung des sogenannten PUSH-Memorandums (Public Understanding of Science and Humanities) im Jahr 1999 bei der Verbindung zwischen Wissenschaft und Stadt viel getan habe. Städte hätten Wissenschaftsreferenten eingestellt, Netzwerke und Plattformen gegründet. Einen weiteren Schub habe der Wettbewerb „Stadt der Wissenschaft“ (2005 bis 2012) erwirkt: „Vieles, was als Schub kam, ist geblieben.“ Im Stadtmarketing, in Form von Preisen für Wissenschaftskommunikation, Tagungen und mehr. Was noch fehle sei die Würdigung der Dialogleistung in Gesellschaft, die zusätzlich zur wissenschaftlichen Leistung erfolgen solle. Die Bedeutung des Dialogs mit der Gesellschaft sei in Anbetracht verschiedener gesellschaftlicher Tendenzen – beispielsweise Fake News – wichtiger denn je.
Keynote-Sprecherin Prof. Dr. Gesine Schwan (Präsidentin der Humboldt-Viadrina Governance Plattform) unterstrich, dass Wissenstransfer weit mehr sei als Marketing: „Man muss die Probleme der Gesellschaft aufgreifen und lösen.“ Universitäten sollten zur Selbstaufklärung der Gesellschaft beitragen. Die Wissenschaft benötige ihrerseits den Dialog mit der Gesellschaft, um voranzukommen: „Die Wissenschaft gewinnt durch die Perspektivenvielfalt und die Erörterung, was ihre Fragestellungen sein sollten.“ Schwan plädierte dafür, Schwellenängste abzubauen. Wissenschaft sei ein Partner im Austausch mit anderen, die ihr spezielles, methodisch geprüftes Wissen einbringe in ein gemeinsames Lernen. Aufgabe von Wissenschaft sei zudem, Vertrauen in Demokratie zu stärken. Und das ganz besonders auf kommunaler Ebene. Stakeholder-Berater der (Kommunal)Politik erachtete Schwan als besonders wichtig: Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sollten gemeinsam Perspektiven der Weiterentwicklung erarbeiten.“ Verortung von Wissenschaft in der Stadt könne zusätzlich dazu beitragen, Lösungen zu suchen und interessante neue Ideen zu entwickeln. Gesine Schwan: „Wir brauchen Demokratiearbeit in Europa ganz markant und Integrationsarbeit weit über die Flüchtlinge hinaus.“ Wissenschaft sei als Partner auch für die Gemeinwohlfrage zuständig.
Eine Lanze für Häuser/Etagen der Wissenschaft brachen Jann Jakobs (Oberbürgermeister Potsdam, Vorsitzender proWissen Potsdam e.V.) und Pit Clausen (Oberbürgermeister Bielefeld). Jakobs: „Man muss Strukturen schaffen, damit Wissenschaft in der Stadt wahrgenommen wird.“ Es gelte zudem zu schauen, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Lösung praktischer gesellschaftlicher Probleme einbezogen werden könnten. Pit Clausen erachtete die geplante Wissenswerkstatt in Bielefeld als „unglaubliche Chance“. Wissenschaft solle in die Stadtgesellschaft geholt werden. Es gehe um Austausch, Treffen, Einordnen und Verstehen wichtiger Themen. Dies sei auch mit Blick auf Fake News wichtig: „Wir versuchen Themen, die uns vor Ort beschäftigen, mit Fakten zu hinterlegen.“ Gesine Schwan zur Akzeptanz politischer Entscheidungen: „Sie ist umso höher, je inhomogener die kooperierenden Gruppen sind.“
Die Stabsstelle „Wissenschaft in der Stadt“ der Universität Siegen begleitet, berät und unterstützt die Formate Mittwochsakademie, Forum Siegen, Model United Nations und Poetry@Rubens hinsichtlich der Programmgestaltung, der Organisation, der Verwaltung, der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings. Ziel ist, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger für eine Teilnahme zu gewinnen sowie weitere Formate des Wissenstransfers in die Öffentlichkeit zu identifizieren und unter wissenschaftlicher Leitung zu realisieren sowie der Perspektive eines Hauses der Wissenschaft Siegen den Weg zu bereiten. Bestehende Formate werden aktuell weiterentwickelt. Zukunftsweisend sind Forschungsprojekte im Sinne von „Citizen Science“, bei denen Bürgerinnen und Bürger gezielt als Forschungspartner gewonnen werden. Insofern dient die Stabsstelle auch als Ansprechpartnerin sowohl seitens der Wissenschaft als auch seitens der Gesellschaft, um Partner für solche Projekte zu vermitteln. Die Stabsstelle „Wissenschaft in der Stadt“ wird im Spätsommer eine Etage der Villa Sauer am Obergraben beziehen.
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