Neunkirchen – 70-Jähriger hilft Flüchtlingen bei der Arbeitssuche

(wS/red) Neunkirchen 26.11.2018 | Unbürokratisch und sehr effektiv – Hubert Multhaup bringt Flüchtlinge in Arbeit

Hubert Multhaup ist 70 Jahre alt. An ein beschauliches Rentendasein denkt er dennoch nicht. Im Gegenteil: Seine Arbeit macht ihm sichtlich Spaß. Und er ist damit enorm erfolgreich. Seit Mai 2016 hat der ehemalige Geschäftsführer der DRK Stiftung Freier Grund einen Platz im Neunkirchener Rathaus und vermittelt Flüchtlinge.

Mehr als 100 Männer und Frauen hat er in den vergangenen 30 Monaten bereits in Arbeit gebracht. „Die meisten von ihnen wohnen in Neunkirchen, aber es sind auch Flüchtlinge aus Wilnsdorf, Burbach, Siegen und sogar Berlin dabei“, erklärt der in Renneroth wohnhafte Multhaup. Die gute Arbeit des gut vernetzen Seniors hat sich inzwischen herumgesprochen. Ob Produktionshelfer oder Arzt, ob Praktikant oder Auszubildenden – er kriegt (fast) jeden Jobsuchenden vermittelt.

Dabei geht er mitunter recht unkonventionell und unbürokratisch vor: „Mein Vorteil ist meine Flexibilität. Ergibt sich die Chance auf ein Vorstellungsgespräch an einem Samstag, fahre ich mit dem Jobanwärter in den Betrieb. Das kann ein Angestellter im Jobcenter natürlich nicht leisten.“ Dass neben guten Kontakten auch Klinken putzen zu seiner Arbeit gehört, stellt für den rührigen Multhaup kein Problem dar. Dennoch beißt er mancherorts auf Granit: „Ich würde mir wünschen, wenn sich neben den sehr engagierten Handwerks- und Industriebetrieben, die viele Flüchtlinge aufnehmen, auch in den Verwaltungen Möglichkeiten finden würden, um Flüchtlinge in Arbeit zu bringen“, so Multhaup. Es sei nun an den großen Einrichtungen und Institutionen vor Ort, diesem Beispiel zu folgen.

Bürgermeister Bernhard Baumann unterstützt diesen Gedanken: „ Eine Arbeitsstelle ebnet den Weg der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft“, so der Verwaltungschef. „Das berufliche Umfeld schafft optimale Rahmenbedingungen für eine gute Integration.“ Eine weitere wichtige Säule der Eingliederung bildet zweifellos die Sprache. Hier wiederum sieht Hubert Multhaup noch Nachbesserungsbedarf. „Sprachkurse werden seitens der VHS leider nur tagsüber und nicht abends angeboten. Das ist für die berufstätigen Flüchtlinge ein Problem.“ Auch von den Arbeitgebern werde diese Tatsache moniert, erklärt Multhaup.

Und auch die mangelnde Mobilität der Flüchtlinge kann zu Problemen führen. Führerscheine, die außerhalb der EU ausgestellt worden sind, werden in Deutschland nicht anerkannt. Ein Flüchtling ist also gezwungen, eine neue Führerscheinprüfung abzulegen. Dafür fehlt jedoch meist das Geld. Eine echte Alternative bietet der öffentliche Nahverkehr nicht. Die Betriebe, in denen die Flüchtlinge arbeiten liegen zumeist in Industriegebieten. „Wenn überhaupt eine Busanbindung besteht, dann nur sehr unregelmäßig. Doch da viele Flüchtlinge im Schichtdienst arbeiten, gibt es mit der Heimfahrt spätestens nach Beendigung der Mittags- oder zu Beginn der Nachtschicht Probleme“, weiß Multhaup.

Und schließlich fehlt es noch an ausreichend Wohnraum: „Die Menschen verdienen ihr eigenen Geld, dass sie den Wunsch haben, aus den Notunterkünften in ihre eigenen vier Wände zu ziehen, ist in meinen Augen völlig legitim.“ Entsprechend appelliert er an die Bürgerinnen und Bürger Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Wie bereichernd der Kontakt zu den Flüchtlingen ist, weiß Multhaup aus eigener Erfahrung. Durch seine Arbeit hat er viele Menschen aus Süd und Ost nicht nur vermitteln, sondern auch kennenlernen dürfen. Gemeinsam mit seiner Frau kümmert er sich seit einigen Wochen um eine junge Eritreerin, die er vor einiger Zeit vermitteln konnte. „Es hat sich eine regelrechte Freundschaft entwickelt.“

Die junge Frau ist muslimischen Glaubens und wurde in ihrem Heimatland mit einem Greis verheiratet, als dessen fünfte Frau. „Sie wurde völlig anders sozialisiert, darum ist es wichtig, ihr und auch den übrigen Flüchtlingen neben der Sprache, unsere Kultur nahe zu bringen“, weiß Multhaup. Gemeinsames Kochen, das Einladen von Freunden und Bekannten aus Deutschland und Eritrea helfen dabei. Und doch lernen hier nicht nur die Flüchtlinge: „Hinter den Menschen stecken oft dramatische Schicksale. Doch trotz allem, was ihnen wiederfahren ist, ihre Lebensfreude haben sie nicht verloren.“

Die Idee für das Projekt „Flüchtlinge in Beschäftigung“ stammt von Neunkirchens Bürgermeister Bernhard Baumann. Der Arbeitsplatz von Hubert Multhaup wird in großen Teilen durch Stiftungsmittel finanziert. Und bei der Freude, die ihm seine Arbeit bereitet, ist davon auszugehen, dass er dafür Sorge trägt, noch vielen Menschen dabei zu helfen, Arbeit und ein neues Zuhause zu finden.

Bildzeilen: Hubert Multhaup und Neunkirchens Bürgermeister Bernhard Baumann freuen sich gemeinsam über die Erfolge, die hinsichtlich der Integration von Flüchtlingen bislang erzielt werden konnten. Ein Arbeitsplatz ist ein erster Schritt zur Integration. Bislang hat Hubert Multhaup Flüchtlinge ausschließlich in Handwerk und Industrie vermittelt. Wenn es nach ihm geht, soll sich dies im kommenden Jahr ändern: „Arbeitskollegen sind die besten Integrationspartner. Auch Banken und Einrichtungen des Gesundheitswesens sollten dem Beispiel folgen. So können Geflüchtete und Fremde zu wertvollen Mitarbeitern und Kollegen werden.“

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