(wS/uni) Siegen 17.11.2022 | An der Uni Siegen ist ein Forschungsprojekt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf kommunaler Ebene gestartet. WissenschaftlerInnen untersuchen dabei bundesweit, was Kommunen für ein inklusives Gemeinwesen tun und wie sie dabei vorgehen.
Viele Kommunen in Deutschland wollen die Rechte von Menschen mit Behinderungen im örtlichen Zusammenhang stärken. Sie nutzen dafür bisher „Aktionspläne“ und Formate kommunaler Behindertenpolitik wie die örtliche Teilhabeplanung. Hier sind zum Teil schon wichtige Impulse aus der UN-Behindertenrechtskonvention aufgenommen worden. WissenschaftlerInnen der Universität Siegen wollen jetzt in einem neuen Forschungsprojekt systematisch empirisch untersuchen, in welcher Weise Kommunen bundesweit aktiv geworden sind, um ein inklusives Gemeinwesen zu entwickeln. Das Projekt „UN-Behindertenrechtskonvention in den Kommunen“ wird gemeinsam vom Zentrum für Planung und Entwicklung Sozialer Dienste (ZPE) der Uni Siegen und der Monitoringstelle UN- Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte durchgeführt. Es läuft bis 2025 und wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 660.000 Euro gefördert.
„Die Bedeutung der Kommunen in der Umsetzung eines inklusiven Gemeinwesens ist nicht zu unterschätzen“, sagt Projektleiter Prof. Albrecht Rohrmann von der Uni Siegen. „Die Verantwortlichen vor Ort stehen dabei vor großen Herausforderungen, denn eine durchgängige Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Einrichtungen und Dienste im Gemeinwesen zu erreichen, ist unglaublich anspruchsvoll.“
Häufig seien Planungen nur auf Einzelmaßnahmen gerichtet. Das Ergebnis seien häufig einzelne „Inselnder Barrierefreiheit“, beobachtet Rohrmann: „Dann ist zwar die eine, neu gebaute Bushaltestelle barrierefrei – Menschen mit Behinderungen müssen aber auch den Fahrkartenautomaten erreichen und nutzen können, vom Automaten zur Haltestelle gelangen und an der gewünschten Zielhaltestelle barrierefrei wieder aussteigen können.“ Die Planung solcher barrierefreier Mobilitätsketten erfordert laut dem Projektmitarbeiter Matthias Kempf eine systematische Planung mit sehr vielen Beteiligten und einem hohen Maß an Partizipation.
In dem gerade gestarteten Forschungsprojekt untersuchen Rohrmann und sein Team deutschlandweit, wie verbreitet systematische Planungsaktivitäten auf kommunaler Ebene bereits sind und welche Rolle partizipative Arbeitsstrukturen dabei spielen. In ausgewählten Kommunen sollen Beteiligte befragt werden, welche Faktoren für das Gelingen einer erfolgreichen partizipativen Planung wichtig sind. „Wir sind gespannt darauf, so mit den Kommunen ins Gespräch zu kommen. Das Projekt baut auf zahlreiche
Forschungs- und Transferaktivitäten des ZPE auf, bei denen wir bereits Planungsprozesse in einzelnen Kommunen oder Landkreisen begleitet und untersucht haben“, sagt Rohrmann. Kürzlich abgeschlossen wurden beispielsweise Studien im Kreis Siegen-Wittgenstein und der hessischen Stadt Lampertheim. Auch eine NRW-weite Untersuchung hat das ZPE bereits umgesetzt.
Ziel des bundesweiten Forschungsprojektes ist es, aufbauend auf den Forschungsergebnissen Empfehlungen, Arbeitshilfen und Angebote zur Unterstützung von Kommunen zu erarbeiten. Dies soll weitere Kommunen zur systematischen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention anregen und den Erfolg solcher Prozesse verbessern. „Die Forschungsergebnisse können dazu beitragen,
Planungsprozesse vor Ort zu unterstützen. Grundlegend sind eine Orientierung an der UN- Behindertenrechtkonvention sowie die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen“, betont die
Projektmitarbeiterin Lena Bertelmann abschließend. „Hier ist die Zusammenarbeit mit der Monitoringstelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte ein großer Gewinn.“ Begleitet wird das Projekt durch einen Beirat. Dem Beirat gehören InteressensvertreterInnen von Menschen mit Behinderungen, VertreterInnen von Kommunen sowie ForscherInnen aus dem Bereich der Disability Studies an.
Weitere Informationen über das Projekt finden Sie auf der Website: www.unbrk-kommunal.de.
Foto: Uni