(wS/aw) Netphen 27.10.2023 | Der Singer-Songwriter Philip Bölter gastierte auf seiner aktuellen Tour zum ersten Mal in Netphen und für den Vollblutmusiker sollte es auch das erste Solokonzert von insgesamt zwölf Gigs auf dieser Tour sein, die er auch. Mit ausdrucksstarken, eigenen deutschen Texten und der einen oder anderen Übersetzung eines bekannten Popsongs wusste er schon nach wenigen Takten auf charmante Art und mit seinem natürlichen Auftreten, das Publikum mitzunehmen und zu bezaubern. Und das dankten ihm die Zuschauer auch mit andächtigem Lauschen seiner Songs und frenetischem Applaus.
In intimer Atmosphäre verwandelte er sich an dem Abend mit Blues, Folk und Rock mittels Stomp- Box, Bass-Saiten, Mundharmonika, einer Stahl-Resonator- und einer über 100 Jahre alten Konzertgitarre in eine veritable „Ein-Mann-Band“. Die Geschichten seiner Songs waren keine Geschichten, sondern wirkliche, aus seinem Leben gegriffene Erlebnisse, die er prägnant umzusetzen wusste. Songs wie „Träumer“, in dem er davon erzählt, wie er ratsuchend zum Ernst geht, der ihn aus seiner Traumwelt aufweckt, und er danach anfängt, Bäume zu pflanzen, oder auch „Hörst du mir zu?“, einer sehr emotional vertonten Ansprache an seinen schon länger verstorbenen Vater mit echtem Gänsehautfaktor und zu Tränen rührend, wusste er einen großen Bogen seiner musikalischen Vielseitigkeit zu spannen. Aber er konnte auch Blues und Country, und das alles so virtuos und gekonnt, dass einem manchmal schwindlig wurde, wenn man seine Finger in Windeseile über die Seiten tanzen sah. Ganz liebevoll auch das Lied
„Ich glaub an dich“, das voller Wärme gesungen, eine Ode an die Zweisamkeit war. Andererseits ging es auch bei ihm in Songs wie «War das alles» gleichermaßen auch über Beziehungskonflikte oder er nahm sich auch der kritischen Hinterfragung von Konsum in der heutigen Welt mit „Man muss nehmen, was man kriegen kann“ an, stellte klar, was eigentlich wichtig ist im Leben. Witzige und kuriose Begebenheiten vermochte er zudem auch in einen Song zu packen, vermittelte plakativ und anekdotisch die Belebung seines Heimatdorfes Asselfingen durch eine sich dort ansiedelnde Brauerei, und man konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Dorfbewohner sich von ihren Terrassen und aus Wohnzimmern zu ihrem neuen Dorfmittelpunkt aufmachten, der das dörfliche Miteinander beflügelte und man bis zum Morgenrot feierte.
Auch deutsche Übersetzungen von «Sultans of Swing», ganz in Udo-Lindenberg-Version, mit perfekt imitierter, schnodderig-lässiger Udo-Stimme oder auch «Julia» als Publikumswunsch – als Übersetzung des Dire Straits-Hits «Romeo und Juliet», wundervoll samtig gesungen und mit glasklarem Gitarrensound begleitet, begeisterten einfach und man merkte immer wieder: Seine Songs kommen einfach von ganzem Herzen und aus tiefster Seele – und als er ganz am Ende, nach fast dreistündigem Konzert, noch mit der allerletzten Zugabe „Gute Nacht“ sagte, fiel es zwar schwer, zu gehen, jedoch wissend um die große Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit diesem begnadeten Ausnahmekünstler.
Text und Fotos: Anne Weber