(wS/dia) Siegen 16.12.2025 | Uganda gehört zu den ärmsten Staaten der Welt. Besonders deutlich wird dies im Bereich der medizinischen Versorgung: Für etwa 46 Millionen Einwohner gibt es weniger als zehn Hautärzte, zudem existiert landesweit nur eine einzige Hautklinik. Um diese Situation langfristig zu verbessern, setzt sich die Siegener Dermatologin Dr. Claudia El Gammal seit vielen Jahren für die Aus- und Weiterbildung ugandischer Fachärzte sowie für den Wissenstransfer direkt vor Ort ein.
Beim Siegener Forum Gesundheit, das in der Cafeteria des Diakonie Klinikums Jung-Stilling stattfand, gewährte sie eindrucksvolle Einblicke in den Alltag der Menschen und die medizinischen Rahmenbedingungen in einem der ärmsten Länder Afrikas. Organisiert wurde der Vortrag von der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen.
Gemeinsam mit ihrem Mann, Prof. Dr. Stephan El Gammal, reist die Hautärztin regelmäßig zur Mbarara University of Science and Technology, um die dortige Skin-Clinic zu unterstützen. Die Arbeitsgemeinschaft Uganda, getragen vom Verein „International Society of Dermatology in the Tropics“, verfolgt mit verschiedenen Projekten das Ziel, die dermatologische Versorgung in Uganda nachhaltig zu verbessern. Die heutige Skin-Clinic geht auf eine Initiative des Würzburger Dermatologen Prof. Dr. Gerold Jäger und seiner Frau Dr. Elisabeth Jäger zurück, die die Einrichtung im Jahr 1997 ins Leben riefen. Seitdem haben zahlreiche internationale Dermatologen – darunter auch Dr. Claudia El Gammal – die Ausbildung des ugandischen dermatologischen Nachwuchses begleitet.
Um die Aktivitäten besser zu koordinieren, wurde 2010 der Verein „Skin Health for Africa“ gegründet, der 2019 in die heutige Arbeitsgemeinschaft Uganda überging. Rund 1.000 Patienten werden monatlich in der Ambulanz der Skin-Clinic behandelt. Schwer erkrankte Menschen werden zusätzlich konsiliarisch auf internistischen Stationen betreut. „Der Alltag für Patienten und ihre Angehörigen ist extrem belastend: Viele legen tagelange Fußmärsche zurück, um überhaupt ärztliche Hilfe zu erhalten“, berichtet die Dermatologin. Die Patienten sind in großen, einfachen Schlafsälen untergebracht. Da es kaum Pflegepersonal gibt, übernehmen Familienangehörige die Versorgung: Sie halten sich vor der Klinik auf, kochen, waschen und kümmern sich um ihre Kranken. Insgesamt bildet das ugandische Gesundheitssystem eines der Schlusslichter in Afrika. Das Land investiere nur sehr geringe Mittel in die medizinische Versorgung, so Dr. Claudia El Gammal. Auf einen Arzt kommen etwa 10.000 Einwohner – im Vergleich dazu stehen in Deutschland rund 45 Ärzte für dieselbe Bevölkerungszahl zur Verfügung. Auffällig sei zudem die sehr junge Bevölkerung: 44 Prozent der Menschen sind jünger als 15 Jahre, lediglich etwa zwei Prozent älter als 64 Jahre.
Dr. Claudia El Gammal, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten im Medizinischen Versorgungszentrum Jung-Stilling in Siegen, schätzt die Zusammenarbeit mit den ugandischen Kollegen sehr. Die Assistenzärzte seien äußerst engagiert, motiviert und wissbegierig. Es bleibe Zeit für intensive Arbeit und ausführliche Diskussionen komplexer Krankheitsbilder. Ihr Mann, Prof. Dr. Stephan El Gammal, Chefarzt der Dermatologie am Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg, führt gemeinsam mit den ugandischen Fachärzten zahlreiche operative Eingriffe durch und bildet sie im Bereich Ultraschall weiter. Darüber hinaus halten beide nahezu täglich Vorträge, um die Weiterbildungsassistenten gezielt auf Prüfungen vorzubereiten. Gleichzeitig steht die Skin-Clinic vor erheblichen Herausforderungen. Die Beschaffung von Geräten und Verbrauchsmaterialien ist schwierig und oft unzuverlässig, ein Großteil der Ausstattung stammt aus Spenden aus Deutschland. So fehlte beispielsweise für die Kryotherapie häufig flüssiger Stickstoff. Zwar konnten im Jahr 2022 mithilfe von Spenden zwei Lasergeräte eingeführt werden, doch ohne Einweisung, Bedienungsanleitungen und geeignete Schutzausrüstung war deren Einsatz zunächst problematisch. Erst nachdem Schutzbrillen aus Deutschland nachgeliefert wurden, war eine sichere Nutzung möglich. Die Weiterbildung der ugandischen Assistenzärzte erstreckt sich über drei Jahre und zieht Mediziner aus ganz Ostafrika an.
Zahlreiche deutsche Dermatologen haben im Laufe der Jahre zum Aufbau einer qualifizierten dermatologischen Versorgung beigetragen. Der Bedarf ist groß, denn Hauterkrankungen sind in Uganda weit verbreitet. Dazu zählen unter anderem Pilzinfektionen der Kopfhaut bei Kindern, bakterielle Entzündungen, Scabies sowie vielfältige Hautmanifestationen im Zusammenhang mit HIV/AIDS. Hinzu kommen Hautreaktionen durch unkontrollierte Medikamenteneinnahme und verschiedene tropische Dermatosen. Eine besondere Herausforderung stellen sogenannte Keloide dar – überschießende Narbenbildungen, die mitunter größer als ein Tennisball werden können. Sie entstehen durch eine übermäßige Kollagenbildung.
Zwar sind diese Wucherungen gutartig und schmerzlos, für die Betroffenen jedoch stark stigmatisierend. Nach chirurgischer Entfernung wachsen sie häufig noch größer nach. Gute Behandlungsmöglichkeiten bieten die Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff oder auch eine niedrig dosierte Röntgenbestrahlung. Im Ort Rushooka betreiben Ordensschwestern ein Geburtenzentrum mit zwei Operationssälen. Dort plant das Ehepaar El Gammal den Aufbau eines Zentrums zur Behandlung dieser gutartigen Wucherungen. Derzeit arbeiten lediglich drei Fachärzte in der Skin-Clinic. Umso beeindruckender ist die Eigeninitiative der Assistenzärzte: Sie eignen sich viel Wissen selbstständig an, bereiten Vorträge vor und unterstützen sich gegenseitig beim Lernen. Dr. Claudia El Gammal hofft, dass sich künftig wieder mehr Dermatologen aus Deutschland engagieren. Die Unterstützung erfahrener Kolleginnen und Kollegen sei für die Ausbildung vor Ort von großem Wert. Weitere Informationen zur Arbeit des Vereins finden Interessierte unter www.tropendermatologie.de.

Siegener Hautärztin Dr. Claudia El Gammal reist regelmäßig nach Uganda in Afrika, um dermatologisches Wissen zu vermitteln und afrikanische Ärzte auszubilden
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