wS/rile – Siegen – Die Geschichte des schwedischen Autors Jonas Jonasson wurde zum Bestseller: Allan Karlsson wird 100 Jahre alt. Eigentlich ein Grund zu feiern. Doch während sich der Bürgermeister und die lokale Presse auf das große Spektakel vorbereiten, hat der Hundertjährige ganz andere Pläne: Er steigt einfach aus dem Fenster in seinen Pantoffeln und verschwindet. Und schon bald steht ganz Schweden wegen seiner Flucht Kopf.
Ein Koffer mit gestohlenem Geld, in dessen Besitz Allan eher zufällig gelangt, bringt eine Verbrecherorganisation auf den Plan, die ihr Eigentum zurück haben möchte. So kommt es, dass schließlich nicht nur die Polizei hinter ihm her ist, sondern auch die Ganoven.
Glücklicherweise muss er seinen Weg nicht allein fortsetzen. Nach und nach gesellen sich skurrile Figuren wie der Gelegenheitsdieb Julius Jonsson, der ewige Student Benny Ljungberg und die schöne Elefantenbesitzerin Gunilla Björklund hinzu. Unauffällig kann die ungewöhnliche Reisegruppe nicht reisen, da auch noch Elefant Sonja mit an Bord ist. Dass auch einige Leichen den Fluchtweg von Allan und seinem Gefolge pflastern, ergibt sich eher zufällig.
Doch mit solchen Dingen hat Allan seine Erfahrung, er hat schließlich in jüngeren Jahren das ganze Welt geschehen auf den Kopf gestellt. Er, der sich so gar nicht für Politik interessiert, hat in seinem langen Leben unter anderem Stalin getroffen, Franco, Mao Tse Tung.
Ambitioniertes Projekt mit hervorragenden Darstellern
Jonassons „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ auf die Bühne zu bringen, ist zweifellos ein ambitioniertes Projekt. Das „Roadmovie“ ist auf der Bühne eigentlich gar nicht umzusetzen! Das hat wohl bisher jeder gedacht, der den Roman gelesen hat und war äußerst gespannt auf diese Aufführung im Apollo-Theater.
Ohne „Wenn und Aber“: Das Altonaer Theater hat diese Herausforderung brillant gelöst. Ein fast leerer Raum, unterteilt in Ebenen und Rahmen, die Zeit- und Handlungsebenen verdeutlichen. In der Mitte der obersten Ebene ein Fenster: Heraus klettert Titelheld Allan Emmanuel Karlsson.
Die komplexe Story hat in Axel Schneiders Bühnenfassung kaum an Substanz verloren. Eine hinreißend gelungene Regiearbeit von Eva Hosemann mit einem großartigen Ensemble, das sich als umwerfend wandlungsfähig erweist. Allen voran Grimme-Preisträger Jörg Schüttauf in der Hauptrolle als liebenswert schelmischer Alter.
Temporeicher, mit skurrilen Dekorationen und Darstellern
Die Handlung geht zügig voran. Spritzig und witzig. Ein temporeicher Szenenwechsel lässt den Zuschauern kaum Zeit zum Atemholen. Zweieinhalb Stunden lang wird das Publikum im Apollo-Theater vom ereignisreichen Lebensweg des Allan mitgerissen. Mit Lachern und Applaus honorieren die Zuschauer nicht nur die merkliche Spielfreude der Darsteller, sondern auch die skurrilen Dekorationswechsel, in denen zum Beispiel der Elefant in Form eines Sackes in Erscheinung tritt oder Schriftzüge auf Requisiten erklären, um welches „Möbelstück“ es sich handelt. Ein genialer Einfall der Bühnentechnik, und ein besonderer Gag für die Zuschauer.
Das Bestseller-Buch von Jonasson gibt beim Lesen zweifelsohne noch mehr Gelegenheiten zum lachen oder schmunzeln. Doch die Interpretation der Geschichte war in der Tat „bühnenreif“!