Auf diesen Bergeshöhen standen einst viele Feuer und schickten Rauchsäulen ’gen Himmel. Das Feuer war der stärkste Gehilfe der Menschen und es brannte hier wohl heimischer als sonst irgendwo in deutschen Landen. Denn nur seine Kraft und die gewaltige rote Glut schied das Erz in Eisen und Schlacke, was die Bergleiber einst im Siegerland reichhaltig spendeten.
Die Kelten hausten lange vor Menschwerdung des Herrn in diesem Erzland. Sie verstanden es, in kleinen fast mannshohen Lehmöfen ein gutes Eisen zu gewinnen, woraus sie nutzbare Geräte und treffsichere Waffen mit schwieligen Händen zu formen verstanden.
Diese Öfen, die man auch Wind- oder Gebläseöfen nannte, da sie bei starkem Wind am besten loderten und die größte Hitze hervorbrachten, standen aus diesen Gründen immer auf den Bergeshöhen. Etwa eintausend Feuer, in diesen eisengewinnenden Öfen, haben seinerzeit auf den Siegerländer Höhen gebrannt, und unserer Heimat den Namen ’’Land der vielen Feuer gegeben’’. Ja, im Siegerland soll einst die Wiege der Deutschen Eisenherstellung gestanden haben.
Dann kam aus Osten ein starkes kriegerisches Volk, die Sugambrer. Sie besiegten die Einwohner des Erzlandes, eroberten ihre Wallburgen und trieben die Kelten nach Westen weit über den Rhein. Die Eroberung der Fliehburgen ist bestimmt durch Aushungerung erfolgt, denn kämpferisch waren diese Burgen kaum einzunehmen. Die Sugambrer lebten von der Jagd und Viehzucht und zogen auf den kargen Äckern schon etwas Frucht. Das Erz, was in den Bergen ruhte kannten sie nicht, auch nicht die Kunst Eisen daraus zu gewinnen. All ihre Waffen und Geräte bestanden zum größten Teil aus Knochen, Holz oder Stein. Überall fanden sie noch Eisengeräte, welche die Kelten zurückgelassen hatten. Schnell erkannten sie den großen Vorteil der ihnen winkte, wenn auch sie Eisen zu machen und zu verformen verstehen würden. Sie wünschten sich nun auch Arbeitsgeräte, Waffen und andere Gegenstände aus Eisen.
Unter ihnen waren noch einige Kelten, die das Geheimnis des Eisens kannten. Es war der höchste Priester und einige seiner Gehilfen. Sie wollten die heilige Stätte des Druidensteins nicht verlassen und lebten in einem Hain, unterhalb des Opferstockes. Sie waren verschont worden, da sie die Stätte achteten. Aber man hatte auch Ehrfurcht vor der Gestalt des greisen Priesters mit Namen ’’Offa’’.
Der Sugambrer – König ging nach Offa und bat ihn zu lehren, wie man Eisen mache. Der Greis schüttelte sein Haupt: „Ihr habt die Götter erzürnt!’’ „Was müssen wir tun um sie zu beruhigen’’. Der Druide sprach: „Opfern’’. Die schönsten Rinder und Stiere schickte der Häuptling nun zum Opferstein und ging zu Offa. Doch dieser schüttelte erneut den Kopf: „Nicht genug’’. Nun brachte man die besten und schnellsten Pferde zur Opferstätte und opferte sie. Doch der Greis sprach erneut: ,,Nicht genug, es muss ein edleres Opfer sein!’’ „So nenne es“, bat drängend der Sugambrer. Der hohe Priester erwiderte: „Der Tapferste deines Stammes!“ Da erschrak der Häuptling und rief: „ Der Tapferste – das bin ich wohl!“ Der Truide entgegnete höhnisch: „Wenn du ihn schon kennst, dann brauchst du ihn nicht mehr zu suchen“.
Mit den Stammesmännern beriet der Häuptling im Thing die Forderung der Götter, die durch den Priester ausgesprochen war. Die Meinung war gespalten. Viele waren der Ansicht, dass man den Göttern den Zorn und dem Druiden das Geheimnis des Eisens lassen sollte. Doch die Mehrheit wollte die Versöhnung und das Geheimnis des Eisens erfahren. Hunderte Krieger haben für diese neue Heimstätte ihr Leben geopfert, soll es nun an einen einzigen mangeln, wenn es darum geht, mehr Macht und Schutz durch bessere Waffen zu bekommen und den Zorn der Götter abzuwenden? Der Tapferste muss sich opfern, bestimmte die Mehrzahl.
Da sprach der Häuptling: „ Ihr habt mich als den Tapfersten gewählt, also werde ich mich opfern“. Da rief der Sohn der seinen Vater über alles liebte: „ Seht ihr Männer, wie er sich brüstet und aufbläht. Ihr wisst doch alle, dass ich viel tapferer bin wie er“. Es entstand ein heftiger Streit zwischen Vater und Sohn. Sie beschlossen endlich, Offa selbst entscheiden zu lassen, wer von ihnen den Göttern angenehmer sei.
Beide Vater und Sohn gingen nach dem Druiden. Der weißhaarige, alte Priester neigte sein Haupt, als er vernahm, welche Wahl man ihm anvertraute. „ Alle Männer unseres Stammes wissen, dass meinem Vater das Alter viel genommen hat, “ sagte der Sohn, „ Ich bin der Stärkste, der Gewandeste und Mutigste“. Da wiedersprach der Vater: „Glaube ihm nicht Priester. Die Jugend verfällt gern in Eigenlob und ihre Tapferkeit zerfällt bald. Der Mut des Alters ist fest und die Erfahrung stützt mich.“
Da nahm der Druide beide und stellte sie auf den steinernen Opfertisch vor dem gewaltigen Basaltklotz, welches noch die Gipfel der uralten Eichen überragte. Dann kniete er nieder und verharrte sehr lange Zeit im Gebet. Er trat nun vor die beiden Sugambrer und sagte mit milder und zitternder Stimme: „ Die Götter wollen weder Vater, noch Sohn. Ihr seid beide gleich tapfer und habt die Götter versöhnt mit eurer Liebe und eurem Opfermut. Beides gilt ihnen mehr als das Blut eines Opfers. Auch meinen Hass und meine Rache habt ihr damit bezwungen, ich will euch lehren, wie man Eisen gewinnt und wie man es schmiedet.“