Sag mir wo die Blumen sind…

Sag mir wo die Blumen sind… So klang es vergangene Woche auf einem deutschen Soldatenfriedhof in der Nähe Yperns aus den Kehlen deutscher und belgischer Schüler. Um eine Skulptur aus der Hand Käthe Kollwitz gesammelt, gedachten die jungen Leute der Gefallenen des Ersten Weltkrieges in jenen Breiten, in denen die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ vor hundert Jahren besonders hohen Blutzoll gefordert hatte.

(wS/red) Siegen/Ypern. Eine Gruppe von 18 Schülern des Peter-Paul-Rubens-Gymnasiums in Siegen war Sonntag zu ihren belgischen Austauschschülern nach Ypern gereist, um vor Ort des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges vor einem guten Jahrhundert zu gedenken. Nachdem die belgischen Schüler im Frühjahr ihre Partnerstadt Siegen besucht hatten, stand nun die Gegenvisite der Siegener in der flandrischen Metropole an. Besondere Relevanz erhielt dieser Austausch dieses Jahr neben der historischen Bedeutsamkeit durch die Begleitung von Frau Sylvia Löhrmann in deren Funktion als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik. Eskortiert von einer Abordnung ausgewählter Journalisten und Reporter mischte sich die Politikerin unter die Schüler, besichtigte gemeinsam mit ihnen einen restaurierten Schützengraben und legte anschließend, begleitet von einer deutschen Schülerin und einem belgischen Schüler, einen Kranz am Menetor nieder, bevor beim Abendessen in einem urigen Yperner Restaurant das Gesehene und Erlebte reflektiert wurde.

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Gemeinsame Kranzniederlegung am Mengen-Tor in Ypern, KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann (r.), stellvertretende KMK-Generalsekretärin Heidi Waldenbach-Mattar (li.) mit einer Schülerin des Peter-Paul-Rubens-Gymnasiums und einem belgischen Schüler (Foto: NRW-Schulministerium)

Am 11. November, dem Tag des Waffenstillstandes 1918 und heutigem Nationalfeiertag Belgiens, wohnte die Delegation Gedächtnisfeiern auf einem französischen, einem englischen und dem deutschen Soldatenfriedhof in Langemarck bei, auf dem zwei Schülern des Gymnasiums die Ehre zuteil wurde, vor den versammelten Diplomaten, Würdenträgern und Generälen in selbstverfassten Reden ihre Eindrücke und Gedanken eindrucksvoll zum Ausdruck zu bringen.

Aber auch der eigentliche Sinn des Austauschs, das gemeinsame Leben Jugendlicher unterschiedlicher Nationen, das Erfahren von Differenz und Übereinstimmung bekam breiten Raum. Untergebracht in den Häusern der freundlichen belgischen Gastfamilien kam bei aller historischen Gewichtigkeit der Begegnung Gespräch, Spaß und Kurzweil in den zur freien Verfügung stehende Phasen nicht zu kurz.

Eine besonders einprägsame Form des jahrhundertübergreifenden Gedenkens war darauf am Mittwoch für viele das gemeinsame Töpfern in einem historischen Yperner Gebäude, den sogenannten Kazematten. Hier fertigten die Schüler eine Tonplastik an, an der sie ihren Namen mittels einer Soldatenmarke anbrachten. Dafür erhielten sie den Pass eines gefallenen Soldaten. Die knapp handballgroßen Plastiken, kauernde, als ob vor dem Kriegsgräuel schutzsuchende Menschen, sollen 2018 in Flandern ausgestellt werden, um an die 600000 dort gefallenen Soldaten zu gedenken. Um bis dahin eine entsprechende Zahl von Plastiken und „Schülerpartnerschaften“ zu erreichen, sucht der Veranstalter übrigens noch nach interessierten Schulen und Schüler, die „Töpferpartnerschaften“ eingehen wollen.

Die eingangs umrissene Frage nach dem Verbleib der Blumen drängte sich für die Schüler in den beschaulichen Gassen und Plätzen Yperns immer wieder auf, grüßen doch aus allen Nischen und Winkeln Imitationen der Mohnblume, die auf alliierter Seite als Symbol für die Leiden und die Gefallenen des Ersten Weltkrieges steht.

Die durch Sprengstoffrückstände quasi gedüngten Schlachtfelder Flanderns hatten die rot-schwarze Blume im Frühling schwarmhaft empor getrieben, ein zierlicher Schmuck eines grotesken Totenbetts, der bis heute das Angedenken an die Soldaten begleitet: Auch heute schreiben britische Angehörige ihre Gedanken über ihre im Kriege gefallenen Vorfahren auf kleine Pappmohnblumen und stecken diese in den Rasen neben dem Menetor, stilles Gedenken inmitten der Elemente, auch nachdem der größte Andrang im Umfeld des Nationalfeiertages längst abgeflaut sein wird.

Donnerstags ging es dann für die Siegener zurück in die Krönchenstadt. Bepackt mit Pralinen, belgischem Bier, Waffeln, einer Originalpickelhaube, getragen von den guten Wünschen der Gastfamilien und voller Eindrücke und Erinnerungen legte man die rund siebenstündige Bahnfahrt in guter Stimmung zurück, um am Siegener Bahnhof wieder heimischen Boden zu betreten.

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