In einem neuen Forschungsprojekt untersuchen Wissenschaftler der Uni Siegen, warum Pflanzenschutzmittel ihre Wirksamkeit gegen Insektenbefall verlieren.
(wS/uni) Siegen – Forst- und Landwirte, die Kulturpflanzen wie Kiefer, Weizen oder Mais anbauen, stehen schnell verschiedenen Fraß- und Vorratsschädlingen gegenüber. Schmetterlingsraupen, Käfer, Läuse und andere Insekten können den Ertrag erheblich schmälern. Um die Pflanzen zu schützen, werden deswegen vielfach Insektenbekämpfungsmittel versprüht. Doch immer häufiger verlieren die Insektizide ihre Wirkung, selbst nach jahrelang erfolgreichem Einsatz. Aber warum werden die Stoffe auf einmal wirkungslos? Dieser Frage geht Dr. Hans-Michael Merzendorfer nach. Der Professor für Molekularbiologie an der Uni Siegen beschäftigt sich in einem neuen Forschungsprojekt mit der Rolle der ABC-Transporter bei der Elimination von Insektiziden und ihren Metaboliten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt die Forschung mit rund 400.000 Euro. Das Forschungsprojekt ist auf eine Laufzeit von drei Jahren ausgelegt und startet im Mai 2015.
ABC-Transporter sind mikroskopisch kleine Pumpen, die eine besondere Funktion haben: Sie transportieren eine Vielzahl von Stoffen über die Membranen der Zellen. Vor drei Jahrzehnten erregte diese Pump-Funktion bereits großes Forschungsinteresse im Bereich der Medizin. Im Rahmen der Krebs-Bekämpfung stellten Forscher fest, dass manche Zellen resistent gegen die eingesetzten Chemotherapeutika geworden waren. Diese Krebszellen verfügten über eine hohe Zahl an ABC-Transportern, die in die äußere Bio-Membran der Zelle eingebaut sind und den Wirkstoff aus der Zelle schleusten. Sie neutralisierten so die Wirkung der Chemotherapie.
Prof. Merzendorfer und zwei Doktoranden erforschen nun die Unwirksamkeit von Insektiziden und die Rolle der ABC-Transporter. ABC ist eine Abkürzung für ATP-Bindungs-Kassette (engl. ATP binding cassette) und beschreibt die Eigenschaft dieser Proteine, ATP zu binden. ATP bezeichnet ein energiereiches Molekül, das die Pumpe antreibt.
„Für unsere Forschung arbeiten wir mit gentechnisch veränderten Zellen, unter anderem mit Bakterien, Pilzen und Insektenzellen. Wir verändern die Gene dieser Zellen so, dass sie die für uns interessanten Proteine herstellen, um ihre besonderen Eigenschaften analysieren zu können“, erklärt Prof. Merzendorfer. In ähnlicher Weise werden bereits verschiedene Proteine für medizinische Zwecke hergestellt. Beispielsweise werden Bakterien für die Produktion von menschlichem Insulin umprogrammiert. „Viele kleine Helfer des täglichen Lebens sind so entstanden. Uns geht es aber um die Grundlagenforschung. Wir wollen herausfinden, welche Rolle die ABC-Transporter bei der Insektizid-Resistenz spielen“, sagt Prof. Merzendorfer.
Der Professor für Molekularbiologie erklärt die Strategie so: „Bei Insekten führen verschiedene Mutationen dazu, dass die Wirksamkeit der Pflanzenschutzmittel aufgehoben wird. Entweder ist das Angriffsziel direkt mutiert, die Substanzen werden vermehrt abgebaut oder aber vermehrt aus den Zellen heraus transportiert. Wir interessieren uns für den zuletzt genannten Mechanismus. Das Forschungsziel ist zunächst, diejenigen Proteine zu identifizieren, die Insektizide aus den Zellen herauspumpen.“
In einem nächsten Schritt wird erforscht, wie das Wissen über die Rolle der ABC-Transporter genutzt werden kann, um bekannte Pflanzenschutzmittel wieder wirksam zu machen. Ihnen könnte beispielsweise ein selektiver Inhibitor gegen die ABC-Pumpen zugesetzt werden, der diese Art der Abwehr stilllegt. „Ein bisschen ist es ein Wettrüsten“, sagt Prof. Merzendorfer. Profitieren könnte aber nicht nur die Land- und Forstwirtschaft, sondern auch Lebewesen wie die Honigbiene. Diese Bienen könnten durch selektivere Mittel gegen Pflanzenschädlinge besser geschützt werden.
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