(wS/Red) Wuppertal/Ferndorf 09.12.2024 | Der Adventkalender hatte im 7. Türchen keine Überraschung versteckt.
Es gab kaum ein Spiel in dieser Saison, in dem der TuS Ferndorf so wenig mit der Favoritenrolle in Verbindung gebracht werden kann wie in dieser Partie.
Außer die Halle angucken und einmal warm Duschen konnte man nicht viel einkalkulieren, aber es wäre schon ein Träumchen gewesen.
Der Bergische HC, Absteiger aus der vergangenen Erstligasaison, strebt den direkten Wiederaufstieg an und ist aktuell auch auf einem guten Weg. Denn auch dieses achte Heimspiel in Folge gewannen die Bergischen Löwen, die Ferndorfer konnten ihnen kein Bein stellen, brachten sie aber doch ganz schön ins Stolpern
Ceven Klatt sagte schon in der Videokonferenz vor dem Spiel, dass der BHC unverhofft in der 2. Liga gelandet ist und mehr als verkappter Zweitligist anzusehen ist.
Die individuelle Klasse dieses Teams ist schon bemerkenswert und in der 2. Liga haben sie eigentlich nichts verloren.
Vor dem Match war man sich nicht sicher, ob Ferndorf in der Uni-Halle in Wuppertal völlig unter die Räder kommt, oder ob sie dem Goliath Paroli bieten konnten.
Und ja, das konnten sie, sie haben dem Gastgeber das Leben ganz schön schwer gemacht. Es standen sich schon zwei starke Abwehrreihen gegenüber, der BHC hat in den bisherigen 13 Spielen 359 Gegentore bekommen und der TuS nur 362, in der Abwehrstatistik also ein ganz enges Ding. Auch in der Torhüterstatistik sind sich die Keeper ebenbürtig Die Offensive ist ihre größte Waffe und da sind sie den Ferndorfern überlegen. Also war es für die Siegerländer eigentlich ein leichtes Spiel, frei nach dem Motto „Wir haben zwar keine Chance, aber die nutzen wir“.
Den Start haben die Ferndorfer irgendwie verschlafen, denn in der ersten Viertelstunde wurden sie vom Gastgeber ein wenig überrannt und hatten deren Schnelligkeit und Abschlussstärke wohl unterschätzt. Oder lag es auch an der UNI-Halle in Wuppertal, die mit 2.136 Zuschauern gefüllt war und deren Trommler zusammen mit den Heimfans ein ganz schönes Spektakel veranstaltet haben (Hölle, Hölle, Hölle)? Ein ganzer Tross mitgereister TuS-Fans begleitete Ceven Klatts Jungs lautstark und unüberhörbar und trug zur Stimmung in der Halle bei. Der BHC hatte Anwurf, und Jonas Wilde parierte direkt den ersten Wurf. Doch im Gegenzug hatten unsere Jungs auch Pech, und so gingen die Gastgeber erstmal mit 1:0 in Führung. Es folgten Tor Nummer zwei und drei, die Ferndorfer Aktionen wirkten unkonzentriert und nervös. In der 5. Minute erzielte Julius Fanger das erlösende 3:1. Doch der Ex-Erstligist wirkte frischer, kämpferischer und entschlossener als die Ferndorfer, zeigte ein ganz starkes Rückzugsverhalten und stellte die Gäste vor teils unlösbare Aufgaben. Der BHC hielt immer einen zwei- bis dreitore Vorsprung, Ferndorf verhinderte durch einige Fehlwürfe ein Näherkommen. Alleinunterhalter im TuS-Team der 1. Halbzeit war Josip Eres, der dem Gegner in der ersten Hälfte ganze sieben Dinger um die Ohren haute, sei es vom Siebenmeterpunkt oder aus dem Feld heraus. Zwischen der 10. und 13. Minute versenkte er dreimal das harzige Spielgerät in des Gegners Maschen. Beim 10:6 in der 14. Minute buzzerte Ceven Klatt zum ersten Mal, um Ruhe ins Spiel zu bringen.
Es folgte jedoch das 11:6, Gabriel da Rocha Viana durfte sich danach 2 Minuten auf der Bank ausruhen. Mattis erzielte das 11:7, der inzwischen eingewechselte Can Adanir hielt einen Siebenmeter, doch der BHC hatte mit seinen schnellen, hünenhaft wirkenden Mannen immer eine Antwort parat. Danach war es ein Wechselspiel, und man merkte, dass Ferndorf seine Nervosität abgelegt hatte, denn in der 21. Minute stand es nach Treffern von 2x Siebenmetern von Josip Eres und Marvin Mundus 14:10, der Abstand war geblieben. Jetzt buzzerte auch BHC-Coach Markus Pütz, denn auch er merkte, dass sein Spiel irgendwie ins Stocken geriet. Anschließend holte sich Mattis Michel, der heute ein sehr gutes Spiel machte, eine 2-Minuten-Strafe ab, die der BHC zum 15:10 nutzte. Der jetzige 5-Tore-Vorsprung täuschte aber nicht darüber hinweg, dass der TuS besser geworden war. Die Gastgeber mussten jetzt doch stärker um ihre Tore kämpfen, denn sie rannten sich nun öfter in der Abwehr der Ferndorfer fest. Fünf Tore Rückstand und nur noch 8 Minuten in der ersten Halbzeit zu spielen – da deutete sich ein Spektakel an. Weit gefehlt, auch der Gastgeber machte Fehler, und so kam es, dass sie bis zum Pausentee nur noch 2 Tore erzielten, Ferndorf aber durch Daniel Hideg, Hampus Dahlgren, Josip Eres und zweimal Janko Kevic auf nunmehr 17:15 verkürzte.
Mit diesem Pausenstand war nach dem Verlauf der ersten Halbzeit nicht unbedingt zu rechnen. Ferndorf war bis auf 2 Tore dran und hatte dem Gegner gezeigt, dass auch ein Aufsteigerteam einem abgestiegenen Erstligisten Paroli bieten kann.
Natürlich liefen die Spielzüge beim Gastgeber flüssiger, aber sie wurden nun öfter eingebremst, und der Ferndorfer Abwehrverbund agierte konzentrierter. Man hatte nicht den Eindruck, dass hier zwei Mannschaften spielten, die noch im Frühjahr zwei Ligen voneinander getrennt waren. Lautstarke Unterstützung ist für ein Team eminent wichtig, und so fackelten die Brigade C und alle mitgereisten Fans bei jedem Angriff ein kleines Adventsfeuerwerk ab, das auch in der gigantisch aussehenden Halle nicht zu überhören war.
Wie zu Beginn der ersten Halbzeit stotterte der TuS-Motor wieder ein wenig, Ferndorf erzielte bis zur 37. Minute nur 2 Tore, der BHC hingegen 6. Zeit für Ceven Klatt, auf den Buzzer zu schlagen – es gab Gesprächsbedarf, denn was zum Ende der ersten Halbzeit noch so gut funktionierte, lief nun nicht mehr, es stand in dieser 37. Minute schon 23:17.
Was Ceven seinen Jungs in diesem Team-Time-Out vorgebetet hat, wissen wir nicht, aber der neu gepflanzte Baum trug nun schlagartig Früchte. Ceven hatte das Team umgestellt, man spielte zeitweise mit 4 Rückraumspielern, und da kam der BHC nicht so gut mit klar – das sah man auch. Wir sahen nun einen perfekten Rückraum des TuS, Janko Kevic war raus, und der wieder genesene Hendrik Stock drehte die BHC-Abwehr einmal auf links und mischte die Löwen mal so richtig auf, denn es krachte direkt zweimal hintereinander im Netz der Löwen. Hendrik beschäftigte direkt zwei, drei Abwehrspieler des Gegners und ermöglichte so freie Würfe aufs Tor. Josip Eres gönnte man eine Pause, und man sah nun Fabian Hecker, der auf Rechtsaußen auch einen Treffer krachend versenkte und zudem stark in der Abwehr agierte. Was kam, war auch die Zeit der Strafminuten, und beide Teams holten sich welche ab. Was man noch mehr sah, war die höhere Fehlerquote des BHC: Sie waren unkonzentriert, kamen mit unserer Spielweise nicht klar, und ihre Trefferquote hielt sich stark in Grenzen. Jetzt trumpfte der TuS ganz groß auf, und die Fans auf der Tribüne wurden lauter. Nein, nein, nicht die Löwen-Fans, wir meinten die TuS-Fans, denn was sich da auf der Platte abspielte, war schon sehenswert – da war die Floskel „auf Augenhöhe“ durchaus angebracht. Um es kurz zu machen: Nach Hendriks Doppelschlag zum 23:19 folgte das 24:19 des BHC, gefolgt von Julius Fangers Doppelschlag zum 24:21.
Der BHC, nun in Unterzahl, musste auch noch den Doppelschlag von Mattis Michel zum 24:23 hinnehmen. Markus Pütz hatte genug gesehen, das Feuer im Kessel war am Ausgehen, und er buzzerte zum wiederholten Male. Diesmal trug die 60-Sekunden-Gesprächspause keine Früchte, denn so wirklich wieder davonziehen war nicht mehr drin. Begünstigt durch eine Zeitstrafe gegen Gabriel Viana vergrößerte sich der Vorsprung der Gastgeber aber nicht. Nach Fabian Heckers Kracher von Rechtsaußen in der 51. Minute stand es 28:26, und der TuS blieb in Schlagdistanz. Ceven Klatt nahm in der Crunchtime nach dem 29:26 seine letzte Auszeit (51:43), denn man merkte, dass da vielleicht noch etwas gehen könnte. Man fabrizierte direkt danach noch einen technischen Fehler, und an diesem 2. Advent zündeten im Dreierpack Daniel Hideg, Julius Fanger und Marvin ein wahres Feuerwerk ab. Daniel markierte das 29:27, Julius Fanger das 29:28, und unter dem tosenden Applaus aller mitgereisten Fans erzielte Marvin Mundus das erste Remis. Wir schrieben die 57. Minute, und der TuS war sowas von dran. Es knisterte förmlich, doch es sollte leider nicht sein. Kurz darauf wurde Gabriel Viana für ein Foul mit ROT vom Platz gestellt (56:44), dafür hätte auch eine Zeitstrafe gereicht.
Vielleicht war es diese Zeitstrafe, die zum absolut falschen Zeitpunkt den TuS in Unterzahl brachte. Fakt ist aber: Es waren Kleinigkeiten. Man hatte die Chance, hier etwas zu holen, aber es sollte leider nicht sein. Nach dem ROT gegen Viana verwandelte Maldonado den Siebenmeter zum 30:29, das Abspiel von Julius Fanger an Marvin Mundus wurde abgefangen und zum 31:29 verwertet. Dann gab es noch ein Anspiel von Daniel Hideg an den Kreis, das ebenso abgefangen wurde und zum 32:29 verwendet wurde. Janko Kevic versuchte sich noch mit einem Treffer, scheiterte aber am BHC-Keeper.
Gut, ein TuS-Sieg wäre des Guten zu viel gewesen, aber ein Remis hätte es durchaus werden können. Im Nachhinein fühlt es sich wie ein verlorener Punkt an. Nun befindet sich Ferndorf auf dem 9. Tabellenplatz mit 14:14 Punkten, und zum ersten Abstiegsplatz sind es nur noch 4 Punkte – die Luft wird also schon dünner. Am kommenden Donnerstag geht es nun in die Ischelandhalle nach Hagen, wo der VfL Eintracht Hagen mit 11:17 Punkten auf Tabellenplatz 16 auf sie wartet. Keine leichte Aufgabe, sie sind zwar in der Tabelle weit unten, zeigen aber eine aufsteigende Form.
Fazit: Man hat hier und heute nicht mit einem Punkt gerechnet, aber wenn man dann doch in Reichweite eines solchen kommt, ist es doch schade. Man trauert dann immer der ein oder anderen Chance nach und findet sofort die vergebenen Gelegenheiten. Auch der Moderator von DYN konstatierte, dass es in dieser Saison noch kein Team geschafft hat, die Bergischen Löwen so in Bedrängnis zu bringen.
Wir trafen auch noch auf einen sehr bekannten Ex-Ferndorfer, es war Miroslav Volentics, der mit einem TuS-Schal auf der Tribüne stand. Miro trug von 2015 bis 2017 die Farben des TuS und war ein exzellenter Rechtsaußen. Er ließ Grüße an alle Ferndorfer da und war von der Leistung des TuS, trotz der Niederlage beigeistert und hätte das nicht erwartet.
Ceven Klatt: Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen für ihre Moral und auch für die Bereitschaft. Wir machen das 29:29, da kann das Spiel in unsere Richtung kippen. Dann machen wir aber zwei Fehler hintereinander, zwei einfache technische Fehler, das bestraft dann der BHC und dann ist das Spiel auch für den BHC auch schon entschieden. Mit etwas weniger Fehlern auf unserer Seite wäre heute vielleicht 1 Punkt möglich gewesen. Wir brauchen uns aber heute nicht schämen und haben hier vieles richtig gemacht. Paul Schikora war heute nicht dabei. Er war die ganze Woche krank und war auch nicht mit angereist.
Markus Pütz (BHC): Mit den Punkten sind wir zufrieden, ärgern uns aber schon ein bisschen in der 1. HZ, dass wir zu Pause nur mit 2 Toren führen. Wir haben einfach die Möglichkeiten, scheitern dann aber, auch am gegnerischen Torhüter oder an uns selbst. Wir sind dann noch nicht so weit, dass wir den Deckel dann frühzeitig draufmachen können. Wir führen einmal mit 5 und 6 Toren, kommen dann aber von 24:19 auf 24:23. Lob an Ceven Klatt und seine Mannschaft, Ferndorf ist da sehr variabel aufgetreten. Auch mit den 4 Rückraumspielern und den Chancen, die sie sich durch Hendrik Stock erspielt haben, Für Hendrik freut es mich persönlich, da ich ihn noch aus seiner Jugend gut kenne. Wir sind jetzt mit den 2 Punkten zufrieden, regenerieren und bereiten uns aufs nächste Spiel vor.
Marvin Mundus: Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen, haben uns aber in der ersten Halbzeit wieder gefangen. Ich glaube, wir sind mit einem Rückstand von zwei Toren in die Halbzeit gegangen, aber wir haben uns gesagt, dass wir die zweite Hälfte besser beginnen müssen. In der ersten Halbzeit haben wir zu einfache Tore kassiert, aber das haben wir dann in der zweiten Hälfte abgestellt. Nach der Pause hatten wir, glaube ich, eine Unterzahl, und der BHC ist schnell mit sechs Toren davongezogen. Aber wir haben uns nicht aufgegeben und weitergekämpft.
Zum Ende des Spieltags haben wir uns mit einem Unentschieden rangekämpft, und ich denke, es sind solche Kleinigkeiten, die bei den Spielen entscheiden. Eine bessere Entscheidung, ein technischer Fehler weniger, vielleicht auch eine 2-Minuten-Strafe weniger, ein bisschen hat uns, glaube ich, die Cleverness und Abgezocktheit gefehlt, um beim BHC zu punkten. Ich glaube, um beim BHC zu punkten, muss man wirklich einen perfekten Tag haben, dafür ist die Mannschaft einfach zu gut. Wir haben nie aufgegeben, haben bis zum Schluss gekämpft, und darauf müssen wir jetzt aufbauen, denn am Donnerstag geht es weiter in Hagen. Ich denke, da haben wir richtig Bock drauf, es wird ein Derby mit voller Hütte. Da müssen wir wieder alles auf der Platte lassen und am Ende hoffentlich mit einem anderen Ergebnis dastehen. Wenn man sich die Liga anschaut, ist sie einfach sehr, sehr eng, da geht es um jeden Punkt, und da müssen wir dran glauben und das Beste daraus machen.
Eloy Morante Maldonado (neunfacher Torschütze des BHC) : Ich denke, wir haben es uns ein bisschen selber schwer gemacht, weil wir einfach viele freie Chancen, die man sich herausgearbeitet hat, gerade im Tempospiel, einfach verworfen haben. Das war dann einfach zu viel und dadurch lassen wir Ferndorf immer wieder ins Spiel kommen. Die machen das natürlich auch gut und setzten uns immer wieder kleine Nadelstiche. Ich bin aber froh und stolz auf meine Mannschaft.
Statistik:
Tor: Jonas Wilde 1 Parade, Can Adanir 11 Paraden
Torschützen: Josip Eres 8/4, Mattis Michel 5, Daniel Hideg und Julius Fanger je 4, Marvin Mundus, Janko Kevic und Hendrik Stock je 2, Hampus Dahlgren und Fabian Hecker je 1
Fehlwürfe: 15
Technische Fehler: 7
Bericht: Peter Trojak
Fotos: wirSiegen-Fotograf Andreas Domian
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