Im Rahmen der FoKoS-Woche präsentierte die Universität Siegen innovative Medizintechnik – und weitere Impulse für die Medizin-Zukunft.
Mit dem Projekt „Medizin neu denken“ und der neuen Lebenswissenschaftlichen Fakultät verfolgt die Universität Siegen das Ziel, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu sichern – digital unterstützt, vom Menschen praktiziert. Welche Möglichkeiten es im Bereich der digitalen Medizin gibt, war daher auch ein Thema der FoKoS-Woche (23. bis 27. Oktober). Prof. Dr. Rainer Brück, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Informatik und Mikrosystementwurf, demonstrierte auf der Bühne, an welchen Dingen die Universität bereits forscht.
Beispielsweise an einem Ring, der einen 3D-Bewegungsdetektor enthält und mit moderner Sensortechnik in der Lage ist, bei einem Sturz einen Notruf über ein Smartphone auszulösen. Es ist eine der medizintechnischen Innovationen, die dazu beitragen kann, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern. „Der Ring kann einen Notruf von jedem Punkt auf der Welt auslösen“, erklärte Prof. Brück und verwies auf weitere Forschungs-Objekte – wie ein Pflaster, das in kompakter Größe eine drahtlose EKG-Messung ermöglicht. Zudem forscht die Universität an einem intelligenten Boden, der Stürze erkennen kann.
Darüber hinaus gibt es in Deutschland bereits Entwicklungen im Gebiet der sogenannten „Telemedizin“. Dr. Olaf Iseringhausen (Westdeutsches Zentrum für angewandte Telemedizin/WZAT) stellte in einem Kurzvortrag moderne Versorgungsprogramme vor, beispielsweise zur Herzinsuffizienz und zum Blutdruckmanagement. Daten fließen bei beiden Programm über Smartphones vom Patienten in das WZAT und gehen in eine elektronische Patientenakte ein. Hier findet eine Analyse der Daten statt, gleichzeitig gehen Berichte an die behandelnden Haus- oder Fachärzte. Auch Angehörige können in die Informationskette integriert werden. „Es soll niemand ersetzt werden, es geht darum, mit den Daten die Fach- und Hausärzte zu unterstützen“, sagte Dr. Iseringhausen.
Auch Veronika Strotbaum (Zentrum für Telematik und Telemedizin/ZTG) eröffnete mit ihrem Vortrag neue Perspektiven auf die Telemedizin. Auch sie betonte, dass Telemedizin vor allem dazu beitragen kann, medizinische Versorgung flexibler zu gestalten. „Es ist eine Ergänzung, kein Ersatz“, sagte Strotbaum.
Ein spezielles Einsatzgebiet der Telemedizin stellte Bernd Valentin (P3 telehealthcare) dar – den Notfall. „Durch den demographischen Wandel fehlen uns Ärzte, speziell auf dem Land. Gleichzeitig steigen die Zahlen der Einsätze und die Notaufnahmen sind überfüllt. Die Zeit, bis ein Notarzt vor Ort ist, steigt an“, sagte Valentin und präsentierte den „Telenotarzt“. Ein digitalisiertes System, das in Aachen und Greifswald bereits praktiziert wird. Das System setzt auf einen hochqualifizierten Arzt in einer Notarzt-Zentrale, der den Einsatzkräften im Rettungswagen, im Notarztwagen und im Rettungshubschrauber zur Verfügung steht. Die Kommunikation erfolgt über eine eigens entwickelte Box, durch die die Übertragung von Daten und Bildern möglich ist. Ein Rettungsteam kann am Einsatzort so den Telenotarzt zuschalten, der sofort die Verantwortung über den Einsatz übernimmt. Auch für Notärzte vor Ort besteht die Möglichkeit, sich eine „zweite Meinung“ abzuholen. „Der Telenotarzt hilft, die Zahl der Einsätze der Notärzte zu senken – das schafft mehr Einsatzzeit für die Notärzte vor Ort. Das ist hoch effektiv. Ganz klar: Niemand will den Notarzt abschaffen, wir möchten etwas ergänzen“, sagte Valentin.
Dass das Thema „Digitale Medizin“ auf großes Interesse stößt, zeigte nicht nur das voll besetzte Auditorium im FoKoS-Gebäude an der Weidenauer Straße, sondern auch die lebhafte Diskussion mit dem Publikum. Kritik wurde vor allem an der Bürokratie laut, die die Behandlungszeiten der Ärzte behindere. Von der Politik wünschten sich alle Beteiligten, den Weg für innovative Medizintechnik nicht zu blockieren, sondern zu unterstützen. Denn, so Veronika Strotbaum: „Die Digitalisierung kommt. Wir haben nun die Chance, sie zu gestalten.“
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