Tagesfahrt: Abfallwirtschaft im Kreis Siegen-Wittgenstein im Fokus

(wS/bu) Burbach 10.07.2024 | Dreißig Personen, darunter sogar eine kleine Delegation des CVJM aus Hongkong, waren Ende Juni der Einladung des Vereins zur Förderung der natürlichen Lebensgrundlagen e.V. gefolgt, im Rahmen eines Ausflugs die Siegerländer Abfallwirtschaft zu erkunden. Diese ist bestrebt, gefährliche und gesundheitsschädliche Stoffe aus der Umwelt zu entfernen. Das erste Ziel: die Fludersbacher Deponie des Kreises Siegen-Wittgenstein. Sachgebietsleiter Henning Klaas und seine Kollegen stellten die Anlage fachkundig vor.

Seit 2005 in der Stilllegungsphase, werden hier aktuell rund 1,5 Mio. kWh Strom pro Jahr produziert. Dazu wird das im Deponiekörper unter Luftabschluss entstehende Methangas gesammelt und in einem Motor verbrannt. Manchmal ist der Methanteil in dem Gasgemisch jedoch zu gering (unter 25%). Dann wird das Gas abgefackelt. So entsteht im Abgas CO2, das zwar auch ein Treibhausgas, aber weit weniger schädlich als Methan ist.

Auf dem abgeschlossenen, rund 60 Fußballfelder großen und bis zu 40 m hohen Deponie-Körper entsteht derzeit eine zweite Deponie für Inertstoffe, also Stoffe wie z.B. Erdaushub, Bauschutt und Schlacken, die nicht weiter zur Veränderung der Umweltparameter im Abwasser, dem Boden und der Luft beitragen. Zusätzlich ist die Fludersbach (neben der Winterbach bei Netphen-Herzhausen) eine der beiden Umladestationen des Hausmülls aus dem Kreisgebiet. Die Fahrzeuge mit Abfall aus dem Gemeinden des südlichen Siegerlandes laden hier ihre Ladung ab. Biomüll wird von hier aus direkt in größere Container umgeladen und zum Kompostwerk in Olpe gefahren, der Restmüll wird zunächst gepresst und dann zur nächsten Müllverbrennungsanlage transportiert. Auch Sperrmüll kommt zunächst hier an.

Die Teilnehmenden stellten fest, dass gerade im Restmüll noch sehr viele Fehlwürfe waren. Es fand sich jede Menge Pappe und auch einiges an Plastik. Alle diese Stoffe werden mit dem Restmüll verbrannt und können nicht recycelt werden. Damit gehen Rohstoffe unwiederbringlich verloren. Durch das höhere Volumen des Restmülls werden größere Mülltonnen und mehr Abfuhren gebraucht, weshalb Fehlwürfe insgesamt die Abfallgebühren erhöhen. „Dann wissen wir ja, was wir zu tun haben“; resümierte eine Teilnehmerin. In einigen Jahren wird die Gasproduktion des Deponierkörpers so weit nachlassen, dass hieraus kein Strom mehr produziert werden kann. „Könnte man denn dann nicht stattdessen den Biomüll in einer Biogasanlage vergären, um damit Strom und Wärme zu produzieren, wenn der Müll doch sowieso hierher transportiert wird?“ schlug eine Besucherin vor. Das jedoch hängt von Ausschreibungen und den Verträgen des Kreises ab.

Anschließend standen die Siegener Recycling-Werkstätten gGmbH (SRW) auf der Agenda, wo die Besucherinnen und Besucher von Geschäftsführer Jürgen Haßler und Betriebsleiter Rainer Setzke empfangen wurden. In dem gemeinnützigen Betrieb, der sich, wie Setze betonte, auf die Fahne geschrieben hat gefährliche Stoffe aus der Umwelt herauszuhalten, sortieren rund 40 Menschen in der Wiedereingliederung ins Berufsleben Elektroschrott. Batterien müssen entfernt werden, Kontakte von Akkumulatoren verklebt und unterschiedliche Geräte wie Waschmaschinen, Kühlschränke und vieles mehr (alles, was ein Kabel oder Batterien hat) in ihre Bestandteile zerlegt werden. So können Materialien wie Kunststoffe, seltene Metalle und viele andere im Nachgang einer Wiederverwendung zugeführt werden. Dabei kommen jährlich rund 1.500 Tonnen Material zusammen. Durch die Rückgabemöglichkeit von Elektroschrott im Handel und
gesteigertes Bewusstsein für Reparatur und Wiederverwendung hat sich der Wert von einst 2.000 Tonnen hier eingependelt. Und wenn doch einmal ein Gerät unbrauchbar geworden ist und man der Umwelt und der heimischen Wertschöpfung etwas Gutes tun möchte, können die Burbacherinnen und Burbacher bei den SRW die Abholung ihres Elektroschrotts buchen oder diesen selbst samstags zwischen 9.00 und 12.00 Uhr in Kaan-Marienborn kostenlos abgeben.

Nach einer stärkenden Mittagspause im Food Court der Universität Siegen auf dem Campus am Unteren Schloss ging es weiter nach Kreuztal-Krombach. Dort ist die Firma Umweltservice Lindenschmidt KG seit mehr als 60 Jahren ansässig. Der Familienbetrieb behandelt täglich rund 500 Tonnen gefährliche Abfälle, in erster Linie von gewerblichen Kunden. Auch bei Havarien, z.B. auf Autobahnen, kommt Lindenschmidt gelegentlich zum Einsatz. Insgesamt ist der Betrieb auf 830 verschiedene Abfallarten spezialisiert. In einem chemischen Labor werden unbekannte Abfälle zunächst untersucht und klassifiziert, damit sie der passenden Behandlung zugeführt werden können. So können gewisse Stoffe beispielsweise im Test über das Farbspektrum der Flamme bei der Verbrennung identifiziert werden. Bei vielen Abfällen spielt das Mindesthaltbarkeitsdatum eine Rolle. So kam der Gedanke auf, dass beispielsweise auch bei den Farben viele Gebinde nur aufgrund des abgelaufenen Datums entsorgt werden müssen. „Nachhaltig denkenden Menschen stellt sich hier die Frage nach der Sinnhaftigkeit solcher Regelungen, wenn man bedenkt, wie aufwändig Herstellung und Entsorgung sind“, schreibt der Verein zur Förderung der natürlichen Lebensgrundlagen e.V. i einer Pressemitteilung.

Geschäftsführer Christoph Lindenschmidt lotste den Bus engagiert und fachkundig über die beiden Standorte, die in Kürze auch über eine betriebseigene Biogasanlage mit Strom versorgt werden sollen. Nun wagt man außerdem die Anschaffung eines vollelektrischen Fahrzeuges. Neben der Reduzierung der Luft-und Lärmemissionen im Fahrbetrieb hat dies auch den Vorteil einer lohnenden Mauteinsparung.

Der Verein bedankt sich bei der Gemeinde Burbach für die freundliche Unterstützung der Veranstaltung und bei den Gastgebern für die schöne Zeit und die spannenden Einblicke in ihre wertvolle Arbeit. Aufgrund der positiven Resonanz ist die nächste Fahrt bereits in der Planung.

Fotos: Gemeinde Burbach

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