wS/ von Heinz Bensberg – Am 29. November 1874 wurde Wilhelm Münker, der Mitgründer des Deutschen Jugendherbergswerks, in Hilchenbach geboren. Als Gründungstag der deutschen Jugendherbergsbewegung, die sich in der ganzen Welt ausgebreitet hatte, gilt der 26. August 1909. Die erste ,,richtige‘‘ Jugendherberge der Welt war die Burg Altena und wurde 1912 eröffnet.
Die Entwicklung dieses Jugendherbergswerk war schon erstaunlich. So waren kurz vor 1933 in Deutschland schon über 2 100 Jugendherbergen vorhanden, in denen im Jahr über vier Millionen Menschen, besonders Jugendliche, übernachteten. Dies war eine ungeheure organisatorische und finanzielle Leistung. Dieses große Werk wurde zu einem Vorbild in fast allen Ländern der Erde. Die Grundlage hierfür hatte zu einem großen Teil der Hilchenbacher Fabrikant Wilhelm Münker geschaffen.
Nach dem Kriege wurden die Jugendherbergen modernisiert und reduziert. Längst sind die Blechkaffekannen und die Decken, wo ,, Fußende ‘‘ drauf stand, verschwunden. Der Höchststand der Herbergen nach dem Kriege mit 723 Häusern in der BRD war 1960 mit 7,8 Millionen Übernachtungen. 11 003 312 Übernachtungen war 1979 der Rekord in 563 Jugendherbergen. 1990 traten die Landesverbände der neuen Bundesländer dem DJH bei.
Heute gibt es in 89 Ländern mehr als 4 000 Jugendherbergen, in denen im Jahr etwa 38 Millionen Übernachtungen gezählt wurden. Bei diesen vielen Übernachtungen kann man erkennen, dass in einer Jugendherberge zu übernachten immer noch ein besonderes Erlebnis ist.
Bereits 1907 richtete der Herbergs – Pionier Wilhelm Münker am Preist in Hilchenbach, in einem Trockenraum der ehemaligen Gerberei Hüttenhein, eine Schüler- und Studentenherberge ein. In dieser Herberge, die zuerst nur für Jungen war, hatten 1907 schon 63 und in den darauffolgenden Jahren 103 bzw. 170 Schüler und Studenten übernachtet. Es war eine der ersten Herbergen dieser Art überhaupt. Da diese Herberge am Preist oft überfüllt war, schloss Münker mit dem Hilchenbacher Schützenverein 1911 einen Vertrag, dass die alte Schützenhalle im Langen Feld auch als Herberge genutzt werden durfte.
Da die Jugendherberge am Preist mit der Zeit den Ansprüchen nicht mehr genügte, plante Münker 1928 den Bau einer völlig neuen Jugendherberge in Hilchenbach. Ein Grundstück auf dem Galgenberg, mit wunderbarer Sicht über Hilchenbach, wurde erworben. Am 5. Oktober 1932 erfolgten die Grundsteinlegung und die Einweihung am 3. September 1933. Zu dieser Zeit hatten die Nazis Wilhelm Münker schon aus dem Amt als Hauptgeschäftsführer des DJH getrieben. Erst 1971 wurde diese Herberge nach dem Hilchenbacher Ehrenbürger genannt. Übrigens ist Wilhelm Münker bis heute der einzige Ehrenbürger dieser Stadt. Als der Galgenberg später aufgeschlossen wurde, kaufte der Fabrikant Münker ein großes Areal unterhalb der Herberge um den herrlichen Ausblick zu erhalten. Leider verkaufte die Wilhelm-Münker-Stiftung nach dem Tode von Münker dieses Stück und es wurden hier Häuser errichtet.
1983 sollte die Jugendherberge für immer geschlossen werden. Aber nach erfolgreicher Spendenaktion wurde sie 1986 neu renoviert wieder eröffnet. Sie ist noch die einzige Jugendherberge im Siegerland – Wittgenstein und zählt zu den kleinsten im Landesverband. Sie hat 66 Betten und jährlich fast 5 000 Übernachtungen. Hoffen wir, dass dieses Haus auch in Zukunft erhalten bleibt, denn Hilchenbach ohne eine Wilhelm-Münker-Jugendherberge wäre undenkbar.
Wilhelm Münkers Wirken ging weit über die Grenzen Hilchenbachs hinaus, ja es trug Früchte in der ganzen Welt. Dieser einfache und bescheidene Wilhelm Münker war ein weit vorausschauender Mensch. So wandte er sich bereits 1917, als noch niemand an das Ende des 1. Weltkrieges dachte, an das bayerische Schulministerium. Er bat darum, nach einer Demobilisierung die Militärdecken den Jugendherbergen zu geben. Am 23. März 1929 stellte er auf der Hauptvorstandssitzung des SGV den Antrag, den Hauptvorstand um mindestens zwei Frauen zu erweitern. Der Antrag wurde zunächst nicht angenommen. Erst später befürwortete man diesen Antrag.
Nun noch einige Auflistungen aus dem Leben dieses einfachen Mannes des Unternehmers Wilhelm Münker. 1903 Vorsitzender der SGV Ortsgruppe Hilchenbach. Durch seine finanzielle Unterstützung und seine Tätigkeit als Vorsitzender des Luftbadvereins konnte schon 1906 in Hilchenbach ein Freibad eröffnet werden. Im Jahre 1909 war er Mitgründer des Deutschen Jugendherbergswerkes. 1910 Einschreiten gegen übermäßige Reklame. 1911 erster Ankauf von Naturschutzgebieten, da die Fichte den Laubwald verdrängte. Anno 1918 wurde er Leiter des Heimat- und Naturschutzausschusses des SGV. 1919 wurde er Geschäftsführer des Deutschen Herbergsverbandes mit Sitz in seinem Haus in Hilchenbach. 1933 wurde er aus diesem Amt vertrieben und die Geschäftsstelle wurde nach Berlin verlegt. Im Jahre 1933 wurde Münker zum Leiter der Arbeitsgemeinschaft gegen die Auswüchse der Außenreklame. So war es ihm zum großen Teil zu verdanken, dass die Werbung auf den Güterwaggons der Bundesbahn unterblieb und Reklameschildern von den Autobahnbrücken abgenommen wurden. 1941 Leiter zur Rettung des Laubwaldes. Von 1945 bis 1949 wurde er wieder Hauptgeschäftsführer des DJH mit Sitz in Hilchenbach. 1947 Mitgründer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Leiter des Ausschusses für Schulwegebau wurde er 1956. Im Jahre 1958 wurde die Wilhelm-Münker-Stiftung gegründet.
Wenn auch viele Plätze, Wege, Erinnerungssteine usw. an Wilhelm Münker erinnern hatte er zu Lebzeiten fast alle Orden und Ehrungen abgelehnt. Ja, er war in dieser Beziehung schon etwas eigenartig. Die Hilchenbacher Schulkinder erhielten im November 1949 den Auftrag, sich Rüben zu besorgen und daraus Laternen zu schnitzen. Die Bevölkerung mit den Schulkindern erwieß nämlich am 29. November mit einem großen Fackelzug dem Ehrenbürger Wilhelm Münker, der an diesem Tage 75 Jahre wurde, die Ehre. Münker ließ sich dabei, trotz vieler Reden, leider nur kurz am Fenster sehen. Trotzdem blieb der Eindruck, dass es sich um einen bedeutenden Menschen handeln musste, wenn eine ganze Stadt wegen seines Geburtstages in einem Fackelzug zu seinem Haus zog.
Aber Ehrenmitglied war er im Deutschen Jugendherbergswerk, im Deutschen Naturschutzring, im Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine sowie im Siegerländer Heimatverein. Weiterhin akzeptierte er die Freiherr-von-Stein-Medaille in Gold. Aber auch seine Heimatstadt Hilchenbach zeichnete Wilhelm Münker 1944 mit der Ehrenbürgerwürde aus, wobei die nationalsozialistische Partei die Aushändigung dieser Urkunde untersagte. Nach der kommunalen Neugliederung bestätigte 1969 der neue Rat der Stadt Hilchenbach urkundlich die Ehrenbürgerwürde.
Dieser ganz bescheidene, ja spartanisch lebende Münker aus Hilchenbach lebte in keinem friedvollen Jahrhundert. Er scheute aber nicht seine Eingaben im Rucksack in die Parlamente zu tragen und in Wanderkluft bei Ministerien und Behörden vorzusprechen. Seine Arbeit ließ ihn zu einem besonders wertvollen Staatsbürger reifen, dem man die Achtung nicht versagen konnte. So schrieb am 5.11.1965 eine große deutsche Tagezeitung: ,,Die leidenschaftliche Anteilnahme an öffentlichen Sachen‘‘,- so wie sie Wilhelm Münker aus Hilchenbach uns vorlebte- ,,ist die staatsbürgerliche Tugend, der mir am allerdringendsten bedürfen. ‘‘
Heinz Bensberg
www.h-bensberg.de
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