wS/si – Stadt Siegen – 28.11.2012 – Es weihnachtet sehr – auch im KrönchenCenter in der Siegener Oberstadt. Rechtzeitig zur Adventszeit stellt das Stadtarchiv im Lesesaal eine Reihe kostbarer Bibeleditionen und religiöser Drucke aus dem 17. und 18. Jahrhundert aus, die ansonsten aus konservatorischen Gründen in klimatisierten Magazinräumen aufbewahrt werden. Die Ausstellung ist vom Dienstag, den 4. Dezember 2012, bis zum letzten Öffnungstag in diesem Jahr am Freitag, den 21. Dezember, zu besichtigen und zwar zu den gewohnten Öffnungszeiten des Stadtarchivs Siegen.
Im Vordergrund der Vitrinenpräsentation steht die “Berleburger Bibel“, eine der bedeutendsten Bibelübertragungen ihrer Zeit. Die acht großformatigen Bände der zwischen 1726 und 1742 veröffentlichten Bibel bestehen allerdings nur zu etwa zehn Prozent aus der eigentlichen Übersetzung. Die übrigen 90 Prozent des Inhaltes stellen Kommentare dar. In die Auslegung des monumentalen Werks gingen zum Beispiel die von Casimir Graf zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1687-1741) übersetzten Bibelkommentare der französischen Mystikerin Madame Guyon (1648-1717) ein. Auch die Zahlenmystik aus der jüdischen Geheimlehre der Kabbala fand Verwendung in der voluminösen Bibel aus Berleburg. Das Projekt war daher nicht unumstritten. Durch die Veröffentlichung der “Berleburger Bibel“ und seine Toleranz gegenüber Anhängern der radikalpietistisch-philadelphischen Bewegung geriet der Wittgensteiner Landesherr Graf Casimir ins Visier einflussreicher Theologen der Universitäten Halle und Leipzig. Selbst die Reichszensurbehörde in Regensburg forderte ihn mehrfach auf, gegen die vermeintlich häretische Heilige Schrift vorzugehen. Mit der ebenfalls ausgestellten “Marburger Bibel“ von 1712 besaß die Berleburger Ausgabe einen literarischen Vorläufer, an dem der reformierte Berleburger, geistliche Inspektor und Konsistorialrat Ludwig Christof Schefer (1668-1731) neben dem Radikalpietisten Heinrich Horch (1652-1729) beteiligt war. Die “Marburger Bibel“ galt als ein ebenso kontrovers diskutiertes Bibelwerk, das besonders die Apokalypse mystisch interpretierte.
Zu den weiteren Ausstellungsstücken zählt die in Herborn gedruckte, mehrbändige “Piscator-Bibel“. Diese stammt aus der Feder des Calvinisten und Gelehrten Johannes Piscator (1546-1625), der neben seiner vorübergehenden Professur an der Siegener Grafenschule im Jahre 1578 von 1602 bis 1604 auch die reformierte Bibelübersetzung schuf – die erste vollständige Übertragung nach der Lutherschen. Auch die ausgestellte Erstausgabe des “Corpus Doctrinae Christianae“ aus der Feder des Theologen und Humanisten Philipp Melanchthon von 1570 dürfte Liebhaber bibliophilen Kunsthandwerks nicht nur in der Weihnachtszeit ansprechen.
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