Die Erinnerung wachhalten

wS/si  –  Universität Siegen  –  08.02.2013  —  Dokumentarfilm über das KZ für Kinder und Jugendliche in „Litzmannstadt“/Lodz, gefördert von der „Stiftung für deutsch-polnische Verständigung“ / Wissenschaftliche Begleitung durch Uni Siegen  —  Urszula Sochacka ist polnische Filmemacherin. PD Dr. Imbke Behnken baute gemeinsam mit dem verstorbenen Prof. Dr. Jürgen Zinnecker das Siegener Zentrum für Kindheits-, Jugend- und Biografieforschung (SiZe) auf. Die Vertreter der Universität Siegen forschten zudem zum Thema „Kindheiten im Zweiten Weltkrieg“. Aus dieser Zeit stammen auch Kontakte nach Polen. Zusammengeführt hat die Regisseurin aus Polen und die Erziehungswissenschaftlerin aus Siegen eine Kriegskindheit. Erst nach dem Tod des Vaters erfuhr die Filmemacherin vom Schicksal ihres Vaters. Er war im „Jugendverwahrlager“ in „Litzmannstadt“ untergebracht gewesen. Der Name klingt geradezu idyllisch, die Realität der vermutlich insgesamt rund 12.000 inhaftierten Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen zwei und 16 Jahren indes war hart und zumeist tödlich. Die polnischen Kinder und Jugendlichen, deren Eltern verhaftet, deportiert, vertrieben oder getötet worden waren, mussten hart arbeiten, erhielten wenig zu essen, auf sie warteten bei bereits kleinen Verstößen drakonische Strafen. Nur wenige hundert Kinder und Jugendliche überlebten die Lagerhaft. Viele von ihnen waren auch in Freiheit wurzellos, wurden nach dem Krieg in Polen straffällig.

Urszula Sochacka blieb der Vater mit seinem unberechenbaren Wesen und der ab und an hervortretenden Gewalttätigkeit Zeit seines Lebens fremd. Nach seinem Tod begann die Tochter mit der Recherche. Sie suchte Zeitzeugen, Überlebende des Verwahrlagers, das eigentlich ein KZ war und ans jüdische Ghetto von Lodz grenzte. Eine Idee war geboren. Die Filmemacherin wollte die Erinnerung an die jungen Menschen, die derart Grausames erdulden mussten, filmisch wachhalten. Rund 30 Interviews entstanden. Mit der wissenschaftlichen Betreuung des Projekts wurden Imbke Behnken und Daniel Eul, Student an der Universität Siegen, beauftragt. Behnken: „Etliche Befragte starben kurz nach den Interviews. Vielleicht haben Sie nur darauf gewartet, ihr Erlebtes zu dokumentieren.“

Der Film, der im Januar 2013 vor rund 500 Gästen in einem Kino in Lodz in polnischer Originalfassung erstmals gezeigt wurde, ist mehrschichtig. Er schlägt die Brücke über Generationen hinweg. Am Anfang stehen die Kriegskinder im Jugend-KZ „Litzmannstadt“. Ein zweiter Teil beschäftigt sich mit deren ebenfalls traumatisierten Kindern. Urszula Sochackas Biographie, ihr Erleben des Vaters, stehen im Mittelpunkt. Alsdann folgt der Blick auf die heutige Kinder- und Jugendgeneration. Auf dem ehemaligen KZ-Gelände entstand eine Grundschule. Imbke Behnken: „An dieser Schule im Arbeiterviertel arbeiten viele Künstler.“ Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern tragen sie dazu bei, Erinnerung wachzuhalten. Ihren Bezug in die Vergangenheit verkörpert „Skinny“, das steinerne Mahnmal für die toten Kinder in Form eines bis auf die Knochen abgemagerten Kindes.

Imbke Behnken, die die Premiere des Films vor Ort miterlebte: „ Das Drehbuch und die Realisierung haben uns überzeugt, dass das ein Film ist, den wir dem deutschen Publikum zugänglich machen wollen.“ Untertitel oder Synchronisieren – diese Entscheidung ist noch nicht abschließend getroffen. Diese hängt nicht zuletzt von den zur Verfügung stehenden Mitteln ab.  Die Wissenschaftlerin sucht noch Sponsoren, die eine deutsche Fassung des Dokumentarfilms ermöglichen. Die Premiere der deutschen Fassung soll möglichst noch im Frühjahr 2013 im Siegerland stattfinden.

PD Dr. Imbke Behnken


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