(wS/jk) Siegen – Die guten Neuigkeiten hatte sich Ulrich Steiner bis zum Schluss aufgespart: Der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH von Sportfreunde Siegen konnte auf der Mitgliederversammlung des Vereins im Foyersaal der Siegerlandhalle zwei „kleine Schritte in die richtige Richtung“ kundtun. Damit machten sich die 223 anwesenden Besucher, davon 159 stimmberechtigte Mitglieder, überwiegend optimistisch, was die Zukunft der Sportfreunde angeht, auf den Heimweg.
Angesichts der finanziellen Schieflage des Klubs ist Steiner dabei ein „strategischer Schachzug“ gelungen. Zwei Stunden vor der Zusammenkunft der Vereinsmitglieder in der Siegerlandhalle konnte ein neuer Trikotpartner für die Sportfreunde gewonnen werden. Die Tinte unter dem Vertrag mit der Olper „Südwestfalen Agentur“ war also kaum getrocknet, als Steiner den neuen Unterstützer als „Dachverband für weitere Sponsoren“ präsentierte.
Bekanntlich hatte der bisherige Trikotsponsor „Gayko“ aus Wilnsdorf erklärt, die Sportfreunde-Trikotbrust ab der kommenden Saison „frei“ zu machen, ohne dabei jedoch sein finanzielles Engagement zurückzuschrauben. Mit der „Südwestfalen Agentur“, bekannt unter anderem durch die „Regionale 2013“, ist man sich nun einig geworden.
Durch ihr Engagement sollen sich Sponsoren aus der Region anschließen. „Einige Firmen sind schon dabei“, so Steiner. Eine „Win-Win-Situation“ für beide Seiten ist zudem die Zusammenarbeit mit der Firma „Lotto-Sport“. Sie ist ab der kommenden Saison neuer Ausrüster des Fußball-Regionalligisten. Lotto löst damit Puma ab und freut sich über die Zusage: „Wichtig ist bei so einer Entscheidung, dass alle dahinter stehen. Das ist von Seiten der Sportfreunde, Sport-Schulze als Drittpartner und von unserer Seite absolut gegeben“, ließ Michael Gerads als Lotto-Vertreter wissen.
„Win-Win-Situation“
Dies erweitert nicht nur den finanziellen Spielraum der Sportfreunde, da der neue Ausrüster mehr Geld als bisher in die Kasse spült, sondern bietet den Siegener Kickern auch noch günstigere Einkaufsmöglichkeiten. Der Kontrakt ist fünf Jahre – spielklassenunabhängig – gültig. Ulrich Steiner sieht den Zeitpunkt der Einigung mit dem neuen Ausrüster „als ein tolles Zeichen“ und ist froh, dass „Lotto an die Sportfreunde Siegen glaubt“.
„Wir möchten Sportfreunde Siegen in dieser Zeit des Umbruchs unterstützen“, wird Lottos Sales Manager Savino Carbotta in einer Pressemitteilung zitiert. „Die vielen Sportfreunde-Fans machen das Ganze für uns natürlich interessant“, sagt er weiter. Die Anhänger dürfen bei der Gestaltung des neuen Trikots sogar mitwirken. Sport-Schulze aus Bürbach wird als Vertreiber unter anderem für die Beflockung zuständig sein.
Es tut sich also etwas bei Sportfreunde Siegen. Angesichts der nackten Zahlen, die weniger erfreulich klingen, gab es auf der rund dreistündigen Jahreshauptversammlung zwischenzeitlich aber etwas hitzige Diskussionen. Die Fakten: Im Geschäftsjahr 2012/13 verzeichnete die Spielbetriebs-GmbH einen Verlust von 250.000 Euro. Die Bilanz des eingetragenen Vereins (e.V.) war ausgeglichen, da ein Gönner Verluste bereinigte. Der Etat lag bei 1,6 Millionen Euro.
„Keine Bankrotterklärung“
Man habe sich mehr Zuschauer erhofft, dadurch sei weniger Geld eingenommen worden. Für die laufende Spielzeit, deren Spielbetrieb übrigens bis Saisonende finanziert ist, wurde der Etat bereits gekürzt. 1,3 Millionen Euro sind eingeplant worden. Für das Geschäftsjahr 2014/15, also ab dem Sommer, erwartet man Einnahmen von 568.000 Euro bei der ersten Mannschaft. Das Erreichen der DFB-Pokal-Hauptrunde würde hier nochmal einen fünf- bis sechsstelligen Betrag einbringen.
Dennoch nicht genug, um das Vollprofitum in Siegen zu finanzieren. Denn nach dem Rückzug von Mäzen Manfred Utsch fehlt Geld in der Kasse. Wohl weitaus mehr als die bisher kolportierten 700.000 Euro, eine sogar siebenstellige Summe wurde in den Raum geworfen. Allein die Ausgaben des e.V. lagen im vergangenen Jahr bei 390.000 Euro. „Das ist keine Bankrotterklärung, sondern kann auch eine Chance bedeuten“, so Ulrich Steiner kämpferisch. „Der Verein ist schuldenfrei“, fügte er an. Eine Chance, um die Finanzierung des höherklassigen Fußballs in Siegen auf eine breite Basis zu stellen.
Das sieht auch das auf vier Säulen aufgebaute Konzept des Vorstands vor. „Wir wollen den Regionalliga-Fußball in Siegen erhalten. Uns wird niemand vorwerfen können, nicht alles dafür getan zu haben“, erklärte Steiner. Professionelle Kicker – möglichst aus dem bestehenden Kader – sollen durch Vertragsamateure ergänzt werden.
Profis und Vertragsamateure
So sehen die Zukunftsplanungen der Sportfreunde aus. Künftig soll es dann zwei Trainingsgruppen geben – Profis und „Abendfußballer“, die einer Arbeit nachgehen oder studieren. Auch junge Nachwuchsspieler, die sich ein zweites Standbein aufbauen wollen, sind gefragt. Einige Fußballer haben bereits – getreu diesem Konzept – ihre Visitenkarte im Leimbachtal abgegeben. Außerdem will man die eigenen Talente fördern.
„In der Region sind über 100 Kicker aktiv, die eine Sportfreunde-Vergangenheit haben“, betonte Steiner. Der „Ausbildungsverein“ müsse erhalten bleiben – auch im Interesse der heimischen Klubs. Anhand von Spielerprofilbögen sollen Arbeits- und Ausbildungsplätze für die Fußballer gesucht werden. Ein erster Unternehmer habe sich auch hier bereit erklärt, zu helfen.
„Um dies alles umsetzen zu können, müssen die Kräfte gebündelt werden“, so Steiner. Er wehrte sich lautstark gegen den Vorwurf des Ex-Sportfreunde-Vorsitzenden Rolf Steinemann, dass der Vorstand kein Konzept habe, und entkräftete diesen anhand seiner späteren Ausführungen. „Die Probleme hätte man früher behandeln können“, mahnte Steinemann zudem den Zeitpunkt der Versammlung an. „Es ist ein Trugschluss, wenn man glaubt, wir wären bislang untätig gewesen. Wir haben parallel gearbeitet“, konterte Steiner.
Hagner übernimmt Leitung
Jedoch seien Verhandlungen über mehrere Wochen mit einer Sponsorengruppe, die seinerzeit auch von Manfred Utsch ins Spiel gebracht wurde, gescheitert. Denn die geforderten Bedingungen könne der Verein nicht erfüllen. Wie müßig sich die Sponsorensuche gestaltet, konnte auch Stephan Heinrich, der inzwischen aus finanziellen Gründen entlassene Marketingleiter, berichten: „Als Sportfreunde-Mann wurde man teilsweise vom Hof gejagt“, erzählte er. Den Ruf müsse man wiederherstellen.
Den Verzicht auf Gehälter forderte dann Steinemann ein. „Niemand im Vorstand wird bezahlt“, sagte Steiner energisch. Vorstand Heiko Maurer (Finanzen) erklärte: „Auch die Gehaltsstruktur im Geschäftsführerbereich der GmbH ist im Vergleich zu anderen Verein unterdurchschnittlich und unter dem Mindestlohn.“ Kritik gab es von Mitglied Walter Linschmann auch an der Trennung von Günter Borr. Maurer: „Es hat unterschiedliche Ansichten gegeben.“ Die sportliche Leitung übernimmt vorerst der neue Cheftrainer Matthias Hagner in personalunion.
Vorstand erweitert
Der Vorstand, der übrigens auf sieben Personen erweitert wurde, ist letztlich mit elf Gegenstimmen entlastet worden. Ralf Utsch, früher im Aufsichtsrat der Sportfreunde, füllt den neuen Vorstandsposten kommissarisch aus. Um 25.000 Euro auf 50.000 Euro ist das Stammkapital der GmbH erhöht worden. Die Mitglieder stimmten darüber ab. Zum Ehrenjugendleiter ernannte man Peter Walther, den langjährigen Jugendleiter. Geehrt wurden auch Stefanie Neuser, Janina Röder, Walter Schürr (25 Jahre Mitgliedschaft), Ferdinand Walter (40 Jahre), Gerd Grab, Helmut Mann und Siegfried Vogel (alle 65 Jahre).
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