Erstes Hospitationsstipendium geht ans Krankenhaus Bethesda

Zwei vietnamesische Gastärzte werden mit jeweils 2.500 Euro gefördert

(wS/red) Freudenberg 26.07.2017 | Mit einem Monatsgehalt von umgerechnet 260 Euro von Vietnam nach Freudenberg reisen und dort drei Monate lang im Diakonie Klinikum Bethesda hospitieren, ist nahezu unmöglich. Umso größer ist die Freude über die Nachricht von der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE): Zwei Gastärzte aus Ho Chi Minh Stadt (früher Saigon) haben das erste Internationale Hospitationsstipendium bekommen und werden mit jeweils 2500 Euro gefördert. Im Freudenberger Krankenhaus lernen sie von Oberärztin Dr. Birgit Schulz verschiedene Schulteroperationen. „Dass solch ein Stipendium an unser vergleichsweise kleines Krankenhaus nach Freudenberg geht und nicht an eine große Universitätsklinik, ist etwas Besonderes“, freut sich Schulz.

Thai Hong Phong erhielt eines der beiden ersten Hospitationsstipendien der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie. Im Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg begleitete er Oberärztin Dr. Birgit Schulz von der Befundung bis zur Nachbehandlung der Schulterpatienten. (Foto: Diakonie)

Seit 16 Jahren bildet sie regelmäßig Ärzte von der Universitätsklinik in Ho Chi Minh Stadt weiter, seit 4 Jahren in Freudenberg. Finanziell sind die Reisen nach Freudenberg von ihren vietnamesischen Kollegen jedoch kaum zu stemmen. Zwar sorgt das Diakonie Klinikum für Unterkunft sowie Verpflegung und Schulz unterstützt die Gastärzte aus eigener Tasche, doch unter anderem die Reisekosten müssen sie selbst aufbringen. Deshalb hatte Schulz im vergangenen Jahr die Idee, bei der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) nachzufragen, ob eine Unterstützung möglich ist – und erhielt eine positive Antwort. Denn die DVSE rief daraufhin das Internationale Hospitationsstipendium ins Leben und sprach es dem Assistenzarzt Thai Hong Phong und dem Orthopäden Dao Thanh Tu zu. Phong besuchte das Diakonie Klinikum Bethesda bereits, Tu kommt später im Jahr. Das Stipendium sollen fortan jährlich zwei nicht-europäische Ärzte, vorzugsweise aus Schwellen- und Entwicklungsländern, erhalten.

Schulz ist Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie, Sportmedizin, Chirotherapie und Physikalische Therapie und gilt als Spezialistin auf dem Gebiet der Schulterchirurgie. Jährlich operiert sie im Diakonie Klinikum Bethesda bis zu 500 Patienten an der Schulter. Im vergangenen Jahr zählte sie bundesweit zu den ersten fünf Ärztinnen, die von der DSVE zertifiziert wurden. Seit 2001 reiste sie bereits viele Male selbst nach Vietnam, um dort zu operieren und Kollegen weiterzubilden – auf eigene Kosten und in ihrem Urlaub. 2013 initiierte sie gemeinsam mit dem Chefarzt der Universitätsklinik, Professor Dr. Do Phuoc Hung, den ersten Schulterkongress des Landes.

Während der Hospitationen befundet Schulz gemeinsam mit den Gastärzten, zeigt Operationen, bespricht die Fälle mit ihnen und lässt sie die Nachbehandlung begleiten. „Alle Ärzte, die bislang bei mir hospitiert haben, wenden ihr Wissen inzwischen in Vietnam an“, sagt Schulz. An manchen Krankenhäusern sind so sogar kleine Schulterabteilungen entstanden. Regelmäßig trifft Schulz die Ärzte bei ihren Vietnamreisen wieder. Zuletzt besuchte sie das südostasiatische Land im Februar. „Manche Kollegen warten mit schwierigen Operationen auf mich, damit ich ihnen helfen kann“ berichtet die Chirurgin. Sie schätzt die Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit der Vietnamesen und ist vor allem vom Willen und Geschick ihrer Kollegen beeindruckt: „Trotz vieler Schwierigkeiten und einem Minimum an Ausstattung geben sie alles, um mit manchmal auch unkonventionellen Mitteln ihr Ziel zu erreichen.“ Denn die Ausstattung vietnamesischer Krankenhäuser ist mit der der deutschen Kliniken nicht zu vergleichen. Die Orthopädie der Universitätsklinik Cho Ray in Ho Chi Minh Stadt umfasst 150 Betten in nur drei Räumen. Aus Platzmangel müssen sich häufig zwei Patienten ein Bett teilen. In den Operationssälen stehen jeweils zwei Tische, ein unter der Decke hängender Suppentopf dient als Spülung und statt medizinischer Bohrmaschinen kommt nicht selten die Baumarktvariante zum Einsatz. „Aber trotz dieser schwierigen Bedingungen schafft das Team es, Schultereingriffe auf hohem Niveau durchzuführen“, erklärt Schulz. „Vergleiche ich die heutigen Maßstäbe mit denen bei meiner ersten Reise vor 16 Jahren, erkenne ich trotz aller Probleme einen deutlichen Fortschritt.“

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