„Magischer Koffer“ und die besondere Arbeitsbühne

Die Maschinenbau-Studierenden der Uni Siegen beschäftigen sich im Rahmen von Gruppen-Projekten mit Problemstellungen aus dem Ingenieurbereich. Die Projekte des Sommersemesters sind jetzt vorgestellt und ausgezeichnet worden.

(wS/red) Siegen 25.07.2017 | Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein normaler Koffer, bis auf den Unterschied, dass er durchsichtig ist. Bei näherem Hinschauen erkennt man kompliziert aussehende Technik im Inneren. Und wenn man den Koffer in die Hand nimmt, fühlt man sich, als sei man in der Welt von Harry Potter gelandet. Wie durch Zauberhand bewegt er sich plötzlich von alleine. Der „magische Koffer“ ist das Projekt von Julian Brückner, Timo Schneider und Alexander Joest. Die drei Maschinenbau-Studenten stellten den Koffer gemeinsam mit 21 weiteren Projekten im Rahmen des Pflichtfachs „Planungs- und Entwicklungsprojekt“ (PEP) an der Universität Siegen vor.

Sechs Projekt-Gruppen erhielten für ihre Leistungen einen Förderpreis. (Fotos: Uni)

„Bei unserem Projekt ging es darum, ein Demonstrationsobjekt zu bauen, das Studierenden den gyroskopischen Effekt veranschaulicht, der normalerweise ziemlich schwer zu begreifen ist“, erklärt die Gruppe. Herausgekommen ist dabei ein durchsichtiger Koffer, der per Knopfdruck eingeschaltet werden kann. „Wenn man den Koffer normal in die Hand nimmt, dann tut sich nichts. Dreht man sich allerdings um seine eigene Achse, kippt der Koffer, je nach Drehrichtung, automatisch nach Außen oder nach Innen. Das geschieht dadurch, dass Kräfte auf die Lagerstelle im Koffer wirken, wenn man sich mit ihm bewegt.“ Von der Planung bis zum fertigen Produkt haben die Studenten alles selbst in die Hand genommen: „Zunächst haben wir ein theoretisches Modell entwickelt. Dieses haben wir dann umgesetzt und im Anschluss alles selbst zusammengebaut“. Sogar die Elektronik haben die drei Studenten eigenständig programmiert.

Bei der Vorstellung aller Projekte auf dem Campus Paul-Bonatz-Straße belegten der „magische Koffer“ und das Projekt „Methodische Entwicklung einer Hubarbeitsbühne zum Anbau an die Dreipunkthydraulik eines Schleppers“ von Marvin Weber, Dominique Schneider, Selina Brinkmann, Steffen Gabsa und Mario Eisel gemeinsam den 1. Platz. Insgesamt wurden die sechs besten Projekt-Gruppen mit dem Förderpreis der Firma Ferchau ausgzeichnet.

Entwickelten den „magischen Koffer“ (von links): Julian Brückner, Alexander Joest, Timo Schneider

Die Projekte sind obligatorisch für alle Maschinenbau-Studierenden an der Universität Siegen. „Im Rahmen des Pflichtfachs „Planungs- und Entwicklungsprojekt“ (PEP) führen sie im vierten Semester eigene Projekte durch. Diese werden meist von den verschiedenen Lehrstühlen definiert, es kann sich aber auch um Firmenbeiträge handeln“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Tamara Reinicke vom Department Maschinenbau. Die Studierenden arbeiten in der Regel in Gruppen zusammen und haben ein Semester lang Zeit, ihr Projekt zu realisieren. „Das Ziel, das die Studierenden verfolgen sollen, ist die interdisziplinäre Bearbeitung einer komplexen Fragestellung aus dem Ingenieurbereich. Die Studierenden lernen dabei sowohl Team- als auch Projektarbeit“, erklärt Prof. Reinicke.

Ebenfalls auf Platz 1 landete die Projekt-Gruppe „Methodische Entwicklung einer Hubarbeitsbühne zum Anbau an die Dreipunkthydraulik eines Schleppers“ (von links): Mario Eisel, Dominique Schneider, Steffen Gabsa, Selina Brinkmann, Marvin Weber und Projektbetreuer Timo Scherer.

Auch die andere Gewinnergruppe hat viel Energie in ihr Projekt gesteckt. Ihre Aufgabe war die methodische Entwicklung eines Produkts. „Unser Ziel war es eine Hubarbeitsbühne zu entwerfen, auf der bis zu vier Leute Platz haben. Zugleich soll sie an einen Schlepper angeschlossen werden können“, erklärt Selina Brinkmann. „Als erstes haben wir gebrainstormt und die Analogiemethode angewendet. Wir haben also geschaut, ob es bereits Mechanismen in der Technik oder sogar in der Tierwelt gibt, die für uns relevant sein könnten. Anschließend haben wir verschiedene Lösungsvarianten erarbeitet und uns am Ende für die entschieden, die den höchsten Gesamtnutzwert hat“. Die Studierenden entwarfen ein 3D-Modell und konstruierten ihre finale Variante. „Zusätzlich haben wir uns noch einige Features für die möglichen Anwender überlegt. Der Korb unserer Hebebühne ist zum Beispiel einklappbar. Außerdem lassen sich die Platten unten am Gestell austauschen und sind somit flexibel für verschiedene Untergründe“, berichtet die Studentin.

Der magische Koffer soll den gyroskopischen Effekt veranschaulichen.

Zunächst hatten alle 22 Gruppen ihre Projekte in zehnminütigen Vorträgen vorgestellt. Danach begutachtete eine Jury diese und die dazugehörigen Poster, Projektordner und Prototypen. Im Anschluss fand die große Siegerehrung statt, bei der die besten sechs Gruppen ausgezeichnet wurden. Ein Projekt ist dabei nicht öffentlich vorgestellt worden – und das hat einen besonderen Grund: Die Arbeit einer Gruppe wird momentan auf Patentierbarkeit hin geprüft, weshalb sie nicht für die Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Prof. Reinicke richtete zum Abschluss ein großes Lob an die Studierenden: „Die Projekte sind sehr vielfältig und spannend ausgefallen. Es ist beachtlich, was Sie als Studentinnen und Studenten geleistet haben“.

 

Platz 1:

„Der magische Koffer“ von Julian Brückner, Timo Schneider und Alexander Joest sowie – „Methodische Entwicklung einer Hubarbeitsbühne zum Anbau an die Dreipunkthydraulik eines Schleppers“ von Marvin Weber, Dominique Schneider, Selina Brinkmann, Steffen Gabsa und Mario Eisel.

Platz 2:

„Arretierung der Kolbenrückstellfeder im geschlossenen Zustand einer nasslaufenden Lamellenkupplung“ von Lukas Held, Björn Weiß und Benedikt Prinz sowie „Entwicklung eines Prüfstandes zur Nachbildung der Vertikaldynamik von Schienenfahrzeugen“ von Thomas Reckewell und Jan-Philipp Alhäuser.

Platz 3:

„Entwicklung eines Konzeptes für einen Großraum-3D-Drucker“ von Dennis Graf, Tim Bensberg, Edgar Korbmacher, Mario Wagener und Jonas Reifenrath sowie „Konstruktion eines Simulationsstandes für die Werkzeugeinarbeitung an den Fertigungspressen“ von Fabian Weber und Jan Schulte.

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